Vogelbeobachters Tagebuch – Jahresüberblick

Vogelbeobachter: Margus OtsLinnuvaatleja.ee
Foto: Aivar Veide
Übersetzung ins Englische: Liis
Vom Englischen ins Deutsche: Leonia
 
Fuchsammer
 
2012er Übersicht
 
Das Big Year ist zu Ende und es ist Zeit, einen Überblick zu erstellen. 276 Vogelarten sammelten sich im Laufe des Jahres auf meiner 2012er Artenliste. Die letzte hinzu gekommene Art war die Fuchsammer (Passerella iliaca), die Anfang Dezember große Aufregung verursachte. Einige hundert Twitcher aus ganz Europa zogen nach Haapsalu, sie zu sehen. Der bisherige estnische Jahresrekord mit 267 Arten von 2009 wurde um 9 Arten überschritten. Der bisherige Rekord wurde auch von Mariliis Märtson übertroffen, die während des Jahres 270 Arten beobachtete und nicht weniger als 4 weitere herausragende Ergebnisse wurden auf der Liste der Jahresrekorde ergänzt.
 
Nachfolgend die Rangliste der Anzahl der in Estland während eines Kalenderjahres beobachteten Arten:
276 (2012) Margus Ots
270 (2012) Mariliis Märtson
267 (2009) Uku Paal
262 (2002) Margus Ots
260 (2012) Uku Paal
259 (2001) Sampsa Cairenius
257 (2011) Mariliis Märtson
256 (2012) Tarvo Valker
255 (2001) Timo Pettay
 
Aber wieviele Arten wurden insgesamt in Estland im Jahre 2012 beobachtet? Das heißt, welches Ergebnis hätte ich bestenfalls erreichen können? Ich selbst sah 276 Arten, aber im Verlauf des Jahres wurden mindestens 16 weitere Vogelarten beobachtet, die zu treffen mir leider nicht gelang. Also wurden insgesamt mindestens 292 Vogelarten in Estland im Jahr 2012 gesichtet. Ich werde die Arten, die ich gesehen habe, hier nicht erläutern; die Erläuterungen können in der systematischen Liste auf der Seite der beobachteten Arten nachgelesen werden. Aber ich möchte die 16 Arten erörtern, die von mir ungesehen blieben:
1) Schlangenadler (Circaetus gallicus) ― insgesamt im Jahr 2012 in Estland 4 Mal beobachtet; leider wurde kein Vogel mit Revier gefunden. Ich lauerte mehrere Tage lang im einstigen Brutgebiet des Schlangenadlers im westlichen und nördlichen Estland, aber die Art blieb von mir leider ungesichtet.
2) Mornellregenpfeifer (Charadrius morinellus) ― nur eine Sichtung während des Jahres 2012, ein Exemplar wurde am 29. September in Põgari in Läänemaa gesehen. Leider war der Vogel nicht zu twitchen.
3) Graubruststrandläufer (Calidris melanotos) ― in Estland 2 Mal während des Jahres 2012 gesehen: am 16. Mai auf Sõrve säär 2 Individuen, und am 1. September 1 Exemplar auf Saaremaa bei Rahuste. Leider waren die Twitcher beide Male zu spät. Ich war in Rahuste auf der Suche nach ihm, hatte aber kein Glück.
4) Spatelraubmöwe (Stercorarius pomarinus) ― 3 Mal während 2012 in Estland gesehen. Durchziehende Vögel sind leider nicht zu twitchen. Ich fuhr, nach dem Vogel zu suchen, der am Hafen von Laaksaare am Lämmijärve gesehen wurde, aber ich war 45 Minuten zu spät.
5) Schwarzkopfmöwe (Larus melanocephalus) ― 2 Mal 2012 in Estland gesehen: am 19. August auf Saaremaa bei Undva nina und vom 21. – 25. November in Haapsalu. Ich versuchte den Vogel von Haapsalu anzutreffen, aber leider verpasste ich das Wesen.
6) Steppenmöwe (Larus cachinnans) ― die Identifizierung bereitete große Kopfschmerzen. Es gab 2012 mindestens 6 für das Raritäten-Kommittees (HK) akzeptable Sichtungen – mit geeignetem Nachweis – in Estonia. Teilweise aufgrund des Umstands, dass ziemlich durcheinander geratene Informationen kursierten, blieb diese “Art” von mir in Estland ungesichtet.
7) Dreizehenmöwe (Rissa tridactyla) ― 2012 in Estland 2 Mal gesehen: am 27. Oktober auf der Insel Kihnu und am 6. November auf Hiiumaa bei Tahkuna. Während der besten Phase für diese Art fuhr ich zum Beobachten zum Kap Põõsaspea, aber ich stieß nicht darauf.
8) Bartkauz (Strix nebulosa) ― 2012 nach Angaben des estnischen Vogel-Raritäten-Kommittees mindestens 3 Mal in Estland gesichtet (alle Berichte vom Frühjahr, Winter). Darüber hinaus wird vermutet, dass die Art in Estland gebrütet habe, aber der Beobachter, der im Sommer das Web mit Bildern überschwemmt hat, weigerte sich sogar, Information an die Umweltschutzbehörde weiterzuleiten, obwohl wir es mit einer Art der obersten Schutzkategorie zu tun haben. Während der letzten 120 Jahre wurde die Brut eines Bartkauzes nur ein Mal in Estland dokumentiert (2009 in Ost-Virumaa). Schade, dass wichtige Informationen verloren gehen. Warum will der Beobachter keine Informationen übermitteln? Dafür kann man keine vernünftige Erklärung finden. Vielleicht sind die Bilder nicht in Estland gemacht worden? Vielleicht wurde zum Fotografieren ein Schutzgebiet an einem verbotenen Ort während einer unzulässigen Zeit besucht?
Ich war viel in den Wäldern von Virumaa unterwegs, aber bin nie auf irgendeinen Bartkauz gestoßen. Es ist ohnehin nicht einfach. Dieses Wesen ist schließlich doch eine Seltenheit. Ich war 10 Jahre lang an den besten Stellen, mit offenen Augen, und habe es bisher nur 3 Mal getroffen. Daher gelingt es nicht jedes Jahr, ihn zu finden.
9) Blauracke (Coracias garrulus) ― ist als Brutvogel aus Estland verschwunden und wurde 2012 nur einmal am 19. Mai bei der Vogelwarte Kabli gesehen. Ich war mehrmals in diesem Sommer in allen Revieren unterwegs, die aus den Vorjahren bekannt sind, aber ich sah nicht einmal eine Spur des blauen Vogels.
10) Kurzzehenlerche (Calandrella brachydactyla) ― 2012 in Estland 3 Mal gesehen (2 Mal auf der Insel Kihnu und einmal auf der Insel Ruhnu), was einen Rekord bedeutet. Bislang wurde diese Art insgesamt nur 6 Mal gesehen. Leider konnten die Vögel nicht getwitcht werden.
11) Rötelschwalbe (Cecropis daurica) ― am 14. Mai an der Vogelwarte  Kabli als Durchzügler gesichtet. Es war die 3. Sichtung Estlands. Leider war der Vogel nicht zu twitchen.
12) Goldhähnchen-Laubsänger (Phylloscopus proregulus) ― nur einmal 2012 in Estland gesehen – am 10. Oktober auf der Insel Kihnu. Ich war am besten Platz – auf Sõrve säär – und zur besten Zeit, beim Beringen der Vögel, aber leider verirrte sich dieser Vogel nicht in die Netze.
13) Sommergoldhähnchen (Regulus ignicapilla) ― 2012 nur einmal in Estland gesehen – am 26. September wurde 1 Exemplar an der Vogelwarte Kabli beringt. Leider war ich selbst am Lämmijärve in Mehikoorma bei der Vogelzugbeobachtung.
14) Isabellwürger (Lanius isabellinus) ― nur einmal zuvor in Estland gesichtet, aber zweimal in die Sicht von Vogelbeobachtern geraten: am 29. April auf Saaremaa auf Sõrve säär und am 3. November auf Hiiumaa bei Haldi. Weil das erste Exemplar zur Unterart phoenicuroides gehörte und das zweite zur Unterart isabellinus, und die Unterarten aller Voraussicht nach in zwei unterschiedliche Arten aufgeteilt werden, kann die Vogelartenliste Estlands dadurch eine neue Art erhalten. Leider verschwanden die Vögel so schnell, dass sie niemand twitchen konnte.
15) Schwarzstirnwürger (Lanius minor) ― 2012 in Estland 2 Mal gesehen: am 20. Mai auf der Insel Vormsi und am 23. Mai im Polder Valguta. Ich versuchte, den letztgenannten zu twitchen, aber vergebens.
16) Braunkopfammer (Emberiza bruniceps) ― streifte 2012 am 8. Juli auf Saaremaa, bei Sõrve säär (erste Beobachtung in Estland). Leider habe ich sie am nächsten Morgen nicht mehr finden können.
 
Aber recht viele Arten wurden im Jahr 2012 in Estland überhaupt nicht gesehen, obwohl es eigentlich anzunehmen gewesen wäre, dass wenigstens einige von ihnen zu finden hätten sein müssen.
1) Schneegans (Anser caerulescens) ― 2 Berichte kamen und ich fuhr, um sie zu twitchen, aber beide entpuppten sich als Hybriden – eine mit einer Nonnen- oder Weißwangengans und die andere mit einer Kanadagans. Diese Art findet sich hier nicht in jedem Jahr, aber aufgrund verschiedener Begegnungen im Jahr 2011 hatte ich gehofft, sie zu sichten.
2) Falkenraubmöwe (Stercorarius longicaudus) ― ein seltener Durchzügler, aber in den letzten Jahren wurde sie regelmäßig gesehen. Jedoch trafen keine Berichte ein.
3) Weißbartseeschwalbe (Chlidonias hybrida) ― ist eine regelmäßige Besucherin der Polder Südost-Estlands geworden, aber überraschenderweise wurde sie 2012 nicht gesehen.
4) Spornpiper (Anthus richardi) ― hier im Herbstzug gesehen, und entsprechend den Herbstzugs-Zählungsprojekten hätte ich mehrere Begegnungen erwartet, aber sie wurde überhaupt nicht gesichtet.
5) Bindenkreuzschnabel (Loxia leucoptera) ― wurde 2012 nirgendwo von irgend jemandem registriert. Es war insgesamt ein schlechtes Jahr für Kreuzschnäbel.
6) Waldammer (Emberiza rustica) ― Ich hätte Beobachtungen von einigen Zug-Beobachtungsplätzen erwartet, aber es ist kein Auftreten dieser Art in Estland bekannt.
 
Was ist vom vergangenen Jahr insgesamt zu halten? Viele Seltenheiten und verirrte Besucher wurden gesehen. Die Summe von insgesamt 292 in Estland während des Jahres festgestellten Arten ist sicherlich das beste Ergebnis denn je. Bislang verharrten die Summen der besten Jahre bei 280-285. Mehrere derzeit laufende Zugvogel-Beobachtungsprojekte (Kihnu, Kabli, Mehikoorma) haben sicherlich zu diesem ausgezeichneten Ergebnis beigetragen, und ebenso haben die allgemeinen Beobachtungsaktivitäten in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Und natürlich war es ein offenbar gutes Jahr, denn wie hätten sonst so viele besondere Seltenheiten gefunden werden können.
 
Ich werde mich an 2012 als das Jahr der erfreulichen Vogelbeobachtungstouren erinnern, das Jahr des Karksi-Pelikans, das Jahr des Buchfinkenzug-Durcheinanders von Mehikoorma, das Jahr der ergebnislosen Rackensuche, das Jahr der verwechselten Twitching-Touren, das Jahr der Zwergdommel von Pila, das Jahr des sibirischen Blauschwanzes von Sõrve säär, das Jahr des Gewinns der estnischen Open-Bird-Ralley, das Invasionsjahr der Hakengimpel, das Jahr der endlich erfolgten Sichtung des Gelbbrauen-Laubsängers, das Jahr der Beringung auf Sõrve säär, das Jahr der Fuchsammer von Haapsalu, das Jahr der Rostflügeldrossel von Kihnu, und natürlich das Jahr des neuen Jahresrekordes – und das Jahr von mindestens einer weiteren spannenden Veranstaltung, die ich nicht gleichzeitig in Erinnerung zurückrufen kann. Ein großes Dankeschön an alle Tour-Begleiter und andere Kameraden, die mir mit Rat und Unterstützung zur Seite standen. Ein besonderer Dank gilt Hannes Margusson, der die Vogelbeobachter-Webseite fertigstellte und sie am laufen erhielt. Vielen Dank!
 
Weil ich oft danach gefragt werde, müssen letztlich die Zeit und die Kilometer, die für die Touren notwendig waren, veröffentlicht werden. 1.697 Fahrtstunden, 1.198 Tour-Kilometer zu Fuß und 49.711 Fahrt-Kilometer haben sich während des ganzen Jahres angesammelt. Die letzte Zahl könnte viele Planer eines Big Year abschrecken, aber ruhig bleiben, es ist nicht so schlimm! Tatsächlich hätte ich den neuen Jahresrekord mit etwa der Hälfte an Fahrt-Kilometern schaffen können, aber im Laufe des Jahres bin ich einfach in Estland herumgefahren, habe viele neue Gebiete entdeckt und auch an mehreren Monitoring-Projekten in ganz Estland teilgenommen. Und dadurch summierten sich die Kilometer.
 
Was kommt als nächstes? Ich werde mich nicht in ein weiteres Big Year hineinstürzen. Die erste Art des Neujahrstages und die einzige war ein Haussperling, gesehen aus dem Fenster meines Zuhauses. Über das Treiben des vergangenen Jahres wird es eine ausgereiftere Zusammenfassung geben. Hoffentlich wird wieder jemand einen neuen Jahresrekord aufstellen. Es wäre schade, wenn meine Punktzahl lange Bestand hätte. Einen Rekord aufzustellen, sollte mit jedem Jahr einfacher werden. Es gibt mehr Beobachter, und es werden mehr Seltenheiten gefunden und dank Rariliin (Birdline) wandern Informationen schnell zu den Beobachtern. Energie und Erfolg allen Rekord-Aspiranten!
 
Das estnische Original wurde am 4. Januar 2013 veröffentlicht.


 

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