Der Zitronenfalter ist unser langlebigster Schmetterling

Text und Fotos Rein Kuresoo, www.animalcity.eu
Übersetzung ins Englische: Liis
Übersetzung vom Englischen ins Deutsche: Felis silvestris
 
Die Engländer sind der Meinung, dass das Wort butterfly von dieser Art (jetzt brimstone) kommt. Sie sind nicht ganz sicher, aber in mittelalterlichen Mythen verwandelten sich Hexen in Schmetterlinge um Butter zu stehlen - einige Schmetterlingsarten mögen es Sahnekrüge und Butterfässer zu umkreisen (daher auch das deutsche Wort für butterfly, Schmetterling - das Wort Schmetten wurde im Hochdeutschen entlehnt vom slawischen smetana (jetzt Sauerrahm; ursprünglich im Sinn von "ausfegen"); das Mittelhochdeutsche Molkendiep / Milchdieb und das Niederdeutsche Botterlicker / Butterlecker haben ähnliche Wurzeln.) Der Zitronenfalter wurde in Estland auch der Butter-Schmetterling genannt; nur im wissenschaftlichen Sprachgebrauch wurde der Name als der offizielle Name einer verwandten Art bestätigt.
 
Dass das Erblicken eines Zitronenfalters im Frühjahr einen goldenen Sommer bedeutet, kann sehr gut eine Phantasie von jungen Damen mit deutscher Erziehung in der estnischen Aufbruchszeit sein. Es gab auch den Glauben, dass ein Zitronenfalter als erster im Frühling gesehener Schmetterling ein Zeichen von im Überfluss zu erwartender Butter wäre. Und was wäre besser, als im Vorfrühling, wenn die Nahrung für beide, Mensch und Tier, am Ende war, und die Milchkühe trocken wurden, sich zu wünschen "in Butter" zu sein? - dass es genug Butter geben würde, für ein "Butterloch" im Haferbrei, auf ihrem Stück Brot, für die Erdäpfel, auf ihrer Nasenspitze und zwischen ihren Zehen. In Nordwest-Estland und auf den Inseln wurde der erste Zitronenfalter des Jahres an die Kühe verfüttert, so dass die Vorhersage ganz sicher erfüllt wird. 
 
 
Zitronenfalterimagos schlüpfen im Hochsommer; sie nutzen dann ihre Flügel nicht sehr ab, sondern begeben sich zur Ruhe. Je kälter das Wetter im Herbst wird, desto eifriger flattern die männlichen Zitronenfalter herum - natürlich nur an sonnigen Tagen. Die Stelle, an der ein Zitronenfalter es noch im späten Herbst schafft herumzuflattern, muss wärmer als die Umgebung sein; hier verschwindet der Schnee im Frühjahr auch schneller. Der Zitronenfalter schläft wo er im Herbst gefallen ist, und der männliche Zitronenfalter fällt, wo die Sonne sogar im Herbst geschienen hat. Ein überwinternder Zitronenfalter hält bis zu 20 Grad Kälte aus, obwohl im allgemeinen unter der Schneedecke die Temperatur für gewöhnlich bei einigen Grad minus bleiben sollte. Die Zellen eines überwinternden Schmetterlings frieren nicht komplett ein, der hohe Level von Glyzerin, Sorbitol und Protein halten die Zellflüssigkeiten so flüssig wie es ein Frostschutzmittel tun würde, sogar wenn der Schmetterling auf der Außenseite komplett mit Reif bedeckt ist. So lebt der Zitronenfalter das Traumleben der Menschen, die auf Hilfe hoffen, ihr Leben mit Kryogenik zu verlängern. Bis jetzt gibt es allerdings gute Gründe zu glauben, dass zumindest alle Menschen die bis jetzt eingefroren wurden, ihre Flügel nie strecken werden.
 
Ein solcher Winterruhezustand, oder Diapause, erfordert ganz subtile physiologische Einstellungen vom Schmetterling. Die ersten Zitronenfalter wachen allerdings auf, sobald die Sonne die ersten schneefreien Flecke auf dem Waldboden schmilzt. Die Sonne wärmt den schwarzen Körper des Zitronenfalters und der Schmetterling gebraucht seine zitronenfarbenen Flügel als Klimaanlage. Wie genau auch immer sie jedoch suchen, die ersten Flieger sind alle geschmolzene-Butter-gelbe Männchen. An warmen Tagen sind sie überraschend aktiv - man kann sie einander jagend in die Höhe wirbeln sehen, und an Weidenkätzchen und Huflattichblüten Nektar trinken. Es ist überraschend, denn sie dürfen mit den ersten Flügen an den ersten warmen Tagen nicht ihren physiologischen Frostwiderstand zerstören - Frühling ist eine launische Jahreszeit und viele kalte Tage und sogar kältere Nächte kommen noch. Die Zitronenfalter müssen immer wieder für kürzere oder längere Perioden im welken Gras erstarren und auf die Rückkehr wärmerer Zeiten warten. Sogar ein Spritzer Schneematsch oder Regen auf seinem Rücken stören ihn nicht - wenn nur die Sonnenstrahlen ihn wieder zum Aufwärmen erreichen.
 
Die margarinefarbenenen weiblichen Schmetterlinge, deren Anblick eher als schlechtes Omen interpretiert wurde, werden sich noch nicht zeigen, Glück für die Abergläubischen. Die Weibchen erstarren nicht im letzten Flecken Sonne im Herbst, sondern schauen sich bereits früh nach einem geschützten und feuchten Fleck für ihre Winterruhe um. So dauert ihr Schlaf im Frühjahr länger, und sie wachen üblicherweise Ende April oder sogar im Mai auf. Die Weibchen sind sofort zur Paarung bereit und darauf haben die Männchen, die bereits für zwei, drei Wochen herumgeflattert sind, gewartet. Nach einen kurzen Flug zusammen in den Frühlingshimmel erfolgt die Paarung, und wenn alles nach dem uralten evolutionären Szenarium abläuft, sollte kein weiblicher Zitronenfalter länger als ein paar Stunden nach dem Aufwachen Jungfrau sein. 
 
 
Ein verpaarter weiblicher Zitronenfalter wird nicht mehr nach weiteren Beziehungen Ausschau halten und späte Freier abschütteln, sie wird zu einem noch blattlosen Faulbaum oder Kreuzbeerast weiterfliegen. Die Larven wachsen schnell und das Puppenstadium und das Schlüpfen eines neuen Schmetterlings wird nicht lange dauern. Das Aufwachen des Weibchens muss präzise zeitlich abgestimmt sein, so dass die Eier nicht zu lange in der Macht des launischen Frühlingswetters verbleiben. Die letzten Zitronenfalter, die den Winter überlebt haben, enden ihren Lebenszyklus um Mittsommer; bereits Mitte Juli können junge Schmetterlinge mit frischen Flügeln gesehen werden. Obwohl die übliche Lebensspanne eines Zitronenfalterimagos 11 Monate beträgt, wurden 13 Monate als maximale Lebenslänge registriert. Keine Imagos von estnischen Schmetterlingsarten leben länger als dies.


 

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