Fasten Birken Menue

Text Kristel Vilbaste
Fotos Arne Ader
Übersetzung ins Englische: Liis
Übersetzung vom Englischen ins Deutsche: Brit
 
Amsel
 
Am Donnerstag, 20. März, war Frühlingsanfang. Für uns hier in Tartu mit einer 10 Zentimeter dicken Schneedecke und schneidenden minus 5 Grad Kälte, nach dem angenehmen Frühlingswetter von letzter Woche spielte das Wetter verrückt.
 
Doch unabhängig vom Schnee, gibt es kein Zurück mehr zu der Jahreszeit und das Frühjahr kann beginnen. 
 
 Mit dem Hintergrund von Schnee waren die Amseln der größte Blickfang, mit ihrem schwarzen Federkleid und den leuchtend gelben Schnäbeln. Und die ärgerlich-höhnischen Rufe, als ich heraustrat und sie von ihrem Futterplatz, der vom Schnee befreit ist, vertrieb. Die Amseln kann man wirklich als wühlende Miniatur Wildschweine bezeichnen. Mit Flügeln, Beinen und Schnabel befreien sie den Boden geschickt von dickem Schnee, picken unter den Blättern hunderte von Schneckenhäusern heraus. In ihrem Aktionsgebiet gibt es viel Schneckenhaus-Abfälle, aber auch für andere Vögel – Rotkehlchen, Zaunkönige – die den umgegrabenen Boden als Garten des Paradieses empfinden.
 
Dichter neuer Schnee der an solch einem Lerchen Winter fällt oder schon aufgetauten Boden kommt wohl alle zwei-drei Jahre vor. Die meisten Zugvögel ziehen sich leise an die Schneegrenze zurück, einige bleiben hier, denn die Märzwärme am Mittag lockt Insekten, wieder heraus zu kommen. 
 
Birkhuhn auf gezeichnetem Untergrund
 
Der Birkhuhn Fleckist besonders schön gegen den Hintergrund von weißem Schnee, alle Flügelstreifen und Flügel Fächer Spuren sind jetzt klar auf dem Schnee beschrieben. Und der Atem der Vögel, der sich als Nebel von ihren Schnabel löst, Rufe  in den roten Sonnenaufgang erhebend, ist auch bezaubernd.
 
Doch das ganz Besondere am Frühjahr ist immer noch die Magie der sich öffnenden Knospen. Dieses, wie eine winzige schlafende Knospe plötzlich ein harziges Ding wird, mit Sehnsucht nach Frühling und mit dem Verlangen zu leben, aufplatzt. Wie es mehr und mehr anschwillt, seine grüne Nase herausstreckt aus dem Knospen ‚Panzer‘ und in ein paar Wochen es der Natur gelingt ein Handteller großes neues Blatt daraus zu zaubern. Wie ist das möglich?
 
In der Schule können wir über auf- und absteigende Entwicklungen lernen, Osmose und unterschiedliche Konzentrationen, Lichtmenge und Wärme die den ganzen Planeten bewegt. Trotzdem scheint es, dass Bäume irgendwo ein Gehirn haben, das ihnen an einem bestimmten Punkt sagt – besser jetzt mit dem Wachsen zu beginnen. Es beginnt Wasser aus dem Boden zu saugen und süßen Saft in die Knospen zu senden. Wie weiß der Baum, dass es die richtige Zeit ist? Und wenn eine Birke im Frühjahr gefällt wird, warum fließt dann noch für lange Zeit Saft aus ihrem Baumstumpf?
 
 
Dieses Mal werde ich nur über Birkensaft schreiben. Denn um Birkensaft zu zapfen ist jetzt der beste Zeitpunkt, nicht später. 
 
Birkensaft fließt
 
Birkensaft zu trinken ist ein uralter Brauch in Estland, doch die Art und Weise dieses frühjährliche Stärkungsmittel zu gewinnen hat sich durch die Jahrhunderte verändert.
 
In meiner Kindheit war es Brauch, ein Loch in eine große alte “Saftbirke” zu bohren, mit einem Durchmesser von 2 cm und einer Tiefe von 5 cm, und so den Saft aus dem Baum durch eine Tülle in einen mit Gaze abgedeckten Eimer fließen zu lassen. Jeden Morgen war der Eimer voll und es schaffte niemand,  das alles auszutrinken.
 
Vor 10 Jahren lehrten uns jedoch Leute von der Forstwirtschaft, dass es der einfachste Weg wäre, ein enges Loch in etwa 2 m Höhe zu bohren und von dort den Saft direkt durch Klistierrohre, die man in der Apotheke kaufen kann, in Kanister zu leiten. Höher oben sei der Saft süßer. Und von Birken, die oben auf einem Hügel wachsen, sei der Saft auch süßer.
 
Im selben Kanister wurden Schwarze Johannisbeerzweige, eine Zitronenhälfte, einige Scheiben Brot und Rosinen hinzugefügt, und das Ganze sollte gären. Kühl aufbewahrt war es bis zum Hochsommer ein wirklicher Energietrunk auf längeren Autofahrten. 
 
Doch dieses Mal will ich ein 100 Jahre altes Rezept mit Ihnen teilen. Das Buch ”Kodumaa marjad – Einheimische Früchte” vom Ende des 18. Jahrhunderts vom Wormsi Einwohner Jaan Spuhl-Rotalia sagt das Folgende: „Birkensaft wird Ende März – Anfang April, bevor sich die Knospen öffnen, gesammelt, wenn der Boden um die Birkenwurzeln schon geschmolzen ist. Dazu wird ein 6 Zentimeter tiefes Loch, die Größe einer Gänsefeder, mit einem feinen Bohrer in die Südseite des Birkenstammes gebohrt, sodass das Loch leicht nach oben geneigt ist. In dieses Loch wird ein Gänsefederkiel gegeben mit beiden Enden geöffnet, oder ein Stock aus einer Weide, dessen Oberfläche wie ein Trog ausgehöhlt ist, durch den der Saft in eine Flasche oder einen anderen darunter gestellten Behälter tropfen kann. Aus einer starken Birke können 8-10 l Saft  entnommen werden, aber nur jedes dritte Jahr. Sobald der Saft entnommen ist, muss das Loch sorgfältig mit einem Stock, der aus Trockenholz gemacht und mit Wachs überzogen ist, verschlossen werden. Wenn das Loch unverschlossen gelassen wird, läuft der Saft bis zum Ende des Frühjahrs und der Baum wird verfallen.  Saft entnehmen darf nicht zu lange dauern deshalb: das Loch muss gut verschlossen werden bevor sich die Knospen öffnen. Der täglich  gesammelte Saft sollte in ein sauberes Fass oder Flaschen gefüllt werden und fest verschlossen an einem kühlen Ort aufbewahrt werden, bis eine geeignete Menge gesammelt wurde.“
 
Das Rezept für Champagner, hergestellt aus Birkensaft und empfohlen von Spuhl-Rotalia, klingt auch spannend. Genau Champagner, denn blubberndes Getränk im Glas wurde auch von Landleuten bevorzugt. Dazu wird der Saft von drei Birken benötigt oder ungefähr 30 Liter Birkensaft. Der wird mit 4 Kilo Zucker in einem Kupferkessel zum Kochen gebracht. Eine halbe Stunde lang gekocht, jeglicher Schaum von der Oberfläche abgeschöpft. Danach durch ein Leintuch gesiebt. Die abgekühlte Flüssigkeit mit 4 Esslöffeln gewärmter Bierhefe in ein Bierfass füllen, in dem genug Platz für Fermentation ist. Hierzu muss auch gesagt werden, dass es für diese Menge empfehlenswert ist während der Gärung nach und nach 5 Liter guten Französischen Wein oder 2,5 Liter Schnaps zuzufügen, zusammen mit 4 geschälten und in Scheiben geschnittenen Zitronen. Wenn der Gärungsprozess beendet ist, wird das Fass, bis zum Rand gefüllt, sicher verschlossen und 4 Wochen lang im Keller aufbewahrt. Dann wird das Getränk mit 2 Esslöffeln Schwarzer Johannisbeer Sirup gemischt, in Champagnerflaschen gefüllt mit Kork und Draht und aufrecht in Sand stehend im Keller aufbewahrt. Von dem Getränk wird gesagt, dass es in Gläsern wie echter Champagner schäumt. 
 
Birkenknospen
 
Wer nicht mit Birkensaft herumspielen will, kann eine Frühjahrsstärkung aus Birkenknospen machen. Um sie zu pflücken wurden alle Arten von Vorgehensweisen erdacht, um eine größere Ernte zu erreichen. Aber es gibt nicht schöneres, als Fingerspitzen die nach dem Pflücken der Knospen, nach Birkenharz duften. Es lohnt sich, Knospen von Birken ungefähr auf eigener Höhe in einem Feld, das bereit zur Bearbeitung ist, oder unter Stromleitungen, zu pflücken.
 
1 Teelöffel Birkenknospen in ein Glas heißen Wasser pro Tag spült Abfallprodukte die sich während des Winters im Körper angesammelt haben, heraus und es ist ein völlig angemessenes Getränk in der Fastenzeit. Dazu lässt es den ganzen Verdauungstrakt besser funktionieren. Doch keine Kräuterbehandlung sollte länger als zwei Wochen dauern, sonst könnte mehr Schaden entstehen als Hilfe.
 
Eine angenehme Birken Fastenzeit!


 

EST EN DE ES RU  FORUM

       

Nachrichtenarchive