ASF runder Tisch Teil II: Warum werden Jäger nicht eingebunden in den Entscheidungsprozeß?

Bericht vom Runden Tisch am 08. September  von  Helen Arusoo, Journal Loodusesõber
Übersetzung ins Englische: Liis
Übersetzung vom Englischen ins Deutsche: Brit
 
Die Runde Tisch Diskussion über der Tier des Jahres ist als Serie veröffentlicht. Teilnehmer an der Dikussion: verantwortlicher Direktor des JagdverbandesTõnis Korts, stellvertretender Direktor Andres Lillemäe,Jäger und Organisator von Naturausflügen. Vahur Sepp, Zoologe und Untersucher des Wildschweinverhaltens Tagne Oja, Looduskalender Herausgeber Gennadi Skromnov und Redakteure des Journal Loodusesöber Helen Arusoo und Mats Kangur.
 
 
Wir befinden uns in einer einzigartigen Situation: der Ausbruch einer Krankheit wie die ASF, ist in Estlands Wälder noch nie aufgetreten. Jäger sind zu Beratungsgesprächen eingeladen, gehören aber nicht zu den Entscheidungsträgern. So können Jäger nicht, so wie notwendig, teilnehmen, um diesen Engpass der Kette zu lösen.
 
Tõnis Korts: Derzeit wurden in der Gesellschaft einige Ziele gesetzt, doch die vorgeschriebenen Aktionen  entstehen nicht immer aus dem Wunsch das Ergebnis zu erreichen.
 
 
Gennadi Skromnov:
Das ist der Grund, warum wir hier heute zusammensitzen.
 
 
Tõnis Korts: Um dieses Ziel zu erreichen – mindestens 30 000 Wildschweine in einer Saison zu erschießen! – so effektiv wie möglich, wie sollten wir diese Anforderungen erfüllen können? Es gibt keine wirklich professionelle und wesentliche Diskussion in der die Jäger gefragt wurden: was sind Ihre wirklichen Möglichkeiten? Wir für unseren Teil haben die ganze Zeit die Tatsache betont, dass wir eine gemeinnützige Organisation sind (ähnlich einem Golfclub) und wir in unserer Freizeit jagen. Natürlich haben wir bestimmte gesetzliche Verpflichtungen, denen wir gewissenhaft nachkommen. Doch lassen Sie uns in diesem Fall gemeinsam die Folge der Aktionen anschauen, durch die die Ziele erreicht werden sollten. Das wurde nicht gemacht. Und so sind wir in einer Situation gelandet in der die Entscheidungen, die heute gemacht werden dieses Ziel nicht unterstützen – 30 000 Wildschweine in einer Saison zu erschießen und auch die neue Futterverordnung unterstützt das Ziel nicht.
 
Warum nicht auf die Jäger hören, wenn sie sagen, dass das so nicht funktionieren wird?
 
 
Tõnis Korts: Nicht warum nicht hören, sondern warum sie nicht fragen. Die Jagderfahrung zu hinterfragen ist heute nicht in diesem Entscheidungsprozess enthalten. Die heutigen Entscheidungen sind politische Entscheidungen. Karolin Lillemäe von unserer Jagdvereinigung war auf dem Treffen von Experten in Parma in Italien anwesend und sagte, dass gute Leute zusammen saßen, doch unter ihnen waren keine Jagdspezialisten oder Jagdbiologen. Doch diese Gruppe entschied in dieser Angelegenheit. Ich selbst saß als ein Vertreter in einem Umweltausschuss Komitee, wo ein Politiker sagte, dass wir jetzt eine Entscheidung treffen müssten, da die Menschen das von uns erwarten. Wir haben versucht über die Qualität des Inhalts der Entscheidung zu sprechen, aber es nützte nichts. In diesen Tagen ist der politische Druck so stark, dass beteiligte Experten ein Opfer davon sind.
 
 
Gennadi Skromnov: Warum haben wir letztes Jahr das Wildschwein zum Tier des Jahres gewählt – es war klar, dass die Schweinepest Estland erreichen würde. Wir stehen derzeit an der Schwelle zu einer Katastrophe, doch wurden keine operativen Entscheidungen getroffen. Diese Pest kann uns in Estland eine lange Zeit verfolgen – 10 Jahre oder sogar länger.
 
 
Vahur Sepp: Die Hauptaufgabe der Jagd ist es ein Gleichgewicht zwischen der menschlichen Gesellschaft und den Wildtieren zu erhalten. Jetzt sind wir an einem Punkt angelangt, an dem Jäger dieses Gleichgewicht erreichen müssen. Dass die Anzahl an Wildschweinen derartig angestiegen ist, ist durch den Menschen passiert. Wenn diese Pest jetzt nicht gekommen wäre, hätten wir sowieso etwas wegen der Wildschweine unternehmen müssen, da unsere Pflanzengesellschaften schon darunter leiden – Wildschweine fressen viele „Wurzeln“. Im Moment erscheint die Pest als Korrektur von Menschen gemachter Fehler. Wir müssen ein Ziel vereinbaren, wie viele Wildschweine in unserer Natur leben können. In den 1970-iger Jahren, als ich meinen Beruf als Jäger begann, gab es ungefähr 8000 Wildschweine und die Wildschweinjagd war ziemlich exotisch und es gab nicht genug Tiere für alle Jäger „um an die Reihe zu kommen“. Doch es gibt auch jetzt noch nicht genug Bären, und trotzdem ist die Bärenjagd eine große Sache.
 
 
 
Andres Lillemäe: Erinnern Sie sich, wann wir eine Regulierung der Jagdgebiete hatten?
 
 
Tõnis Korts: Genau, das fehlt. Alles was Vahur gesagt hat, stimmt, dass Wildschweine zu viele sind, aber der Grund dafür ist sicher nicht die Schuld der Jäger. Denn organisierte Jäger haben immer gefordert, dass die Regierung eine bedeutende Rolle in der Führung der Wildtier Ressourcen haben muss, aber das ist nicht so. In dieser Sache bevorzugen wir sozusagen eine Regierung mit starker Hand. Da die Interessen der Menschen so unterschiedlich sind und wenn die Regierung da nichts regelt kann man nichts machen – es wird Chaos bleiben wie im Moment. Jäger haben immer gehandelt wie von öffentlichen Institutionen vorgegeben und ich verstehe nicht, warum die Wildtier Überwacher keine Schlussfolgerungen aus der Wachstumskurve der Wildschweinpopulation gezogen haben  und warum sie nicht früher etwas gesagt haben. Im neuesten Jagdgesetz wurde die Regulierung  von Jagdgebieten, in denen sehr genau die Futterplätze und auch ihre Anzahl festgelegt waren, völlig ausgeklammert und ist jetzt überhaupt nicht reguliert. Jager haben dazu keine Bedingungen gestellt, weder es zu verbieten noch notwendige Regulierungen angedacht. Schauen wir auf den Jagd-Tourismus, den bestimmte Gruppen in diesem Land organisieren – die Regierung hat das weder verboten noch es für nötig gehalten, das zu regulieren. So entwickelten sich Bedingungen dass örtlich „Schweinereien“ im Wald passieren. Die Jagdgesellschaft sagt, dass diese Situation nicht normal ist, aber im Moment können wir solche Unternehmungen weder lenken noch verbieten, es gibt keinen Rechtsanspruch das zu tun. Nach dem Gesetz ist es eine Sache der gegenseitigen Vereinbarung. Hier sagen die Jäger: Regierung,  bitten seien Sie der Richter und Helfer dabei.
 
 
Vahur Sepp: Es wäre möglich, wenn die Mitglieder der Jagdgesellschaft sich zusammensetzten  und sagten, lasst uns nicht streiten, nur laßt die Zahl einfach nicht so hoch werden.
 
 
 
Tõnis Korts:  Es ist nicht möglich, denn wir sind eine Organisation die von unten nach oben wirkt, obwohl wir gerne eine Organisation wären, die von oben nach unten arbeiten würde, wie z.B. in Polen. Wir können den Jägern nichts anweisen, nur sie bitten. Wir würden gerne, wie in Schweden, das Management der Ressourcen selbst in die Hand nehmen. In der Jagd gibt es eine große Menge von Ressourcen, sogar der wissenschaftliche Teil und andere Ausgaben, wie Kompensierung von Schäden, könnte übernommen werden. Doch uns wurde gesagt, dass das nicht zu einer freien Marktwirtschaft passt. Warum wir diesen fehlenden Teil der Aufgaben der heutigen Regierung unterstreichen – betreffend einer vorgesehenen Maßnahme des Umweltministeriums wird es sofort Aufruhr geben. Die Maßnahme sieht vor, dass Grundbesitzern fast unbegrenzte Macht bezüglich Großwild- und Wildschweinjagd gegeben wird. das hat bereits dazu geführt, dass Grundbesitzer neue Futterstellen geschaffen haben. Wenn ein Grundbesitzer beschließt eine Futterstelle aufzumachen, hat die Jagdgesellschaft im Moment nichts zu sagen.  Auch nicht die Behörden. Mein eigenes Land, ich weiß, was ich tue. Eine weitere Maßnahme, die nicht unterstützt,  sondern vielmehr daran hindert die Anzahl der Wildschweine zu dezimieren. Es gibt keine Notwendigkeit jetzt neue Futterstellen zu errichten. Doch der Wechsel zu den vorgestellten Gefälligkeiten macht genau das. Wenn es heute das Ziel der Regierung ist, die Anzahl von Wildschweinen zu reduzieren, sollte es auch nötig sein zu wissen, was das wissenschaftlich fundierte Minimum bezüglich der Anzahl ist. Jedoch ist das nicht bekannt. Es ist ein Gefummel im Dunklen. In der Europäischen Diskussion hat man sich auf 5 Tiere pro 1000 ha geeinigt, wobei wir hier über 1,5 Tiere sprechen. Die durchschnittliche Dichte über ganz Estland ist nicht wichtig. Die wichtige Rolle ist die Fülle von Tieren in einem geeigneten Gebiet. Eine eingezäunte Schafweide ist eine Sache, eine nackte Stadtumgebung eine ganz andere usw. Mehr Professionalität!
 
Die Serie der Jäger am Runden Tische geht weiter.
 


 

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