Männchen gegen Weibchen – wer ist cleverer beim Lösen von Aufgaben?

Eingereicht von Looduskalender - Di., 14.02.2017 - 23.11
Autorid

Herausgeber der wissenschaftlichen Neuigkeiten zum Jahr der Kohlmeise, Vogelökologieforscher der Universität Tartu Marko Mägimarko.magi@ut.ee 
Übersetzung ins Englische Liis, vom Englischen ins Deutsche Leonia

 

Textkörper

Erst kürzlich wurde die Fähigkeit der Kohlmeisen, sich die Lage von Nahrungsvorräten anderer Vögel durch Beobachtung von deren Verhalten zu merken, in den wissenschaftlichen Nachrichten zum Vogel des Jahres erwähnt (siehe hier). Es ist bekannt, dass Kohlmeisen besser sind beim Lösen von Aufgaben, die die räumliche Erinnerung betreffen, als Blau- oder Sumpfmeisen.

Beim Menschen wird oft vermutet, dass das Lösen von Aufgaben, die mit räumlichen Eigenschaften verbunden sind, Männer begünstigt, weil sie im Evolutionsverlauf den Beutetieren über große Entfernungen folgen und nach neuen Nahrungsgebieten suchen mussten. Aus diesem Grund war das räumliche Gedächtnis wichtiger für Männer für die Rückkehr ins Heimatgebiet als für Frauen, die sich um ihre Nachkommen kümmerten. Aber wie ist das bei Tieren? Ist die Analogie mit Menschen konstruiert? Die bessere Fähigkeit des Männchens wurde in der Regel nur bei Säugetieren festgestellt und unberücksichtigt einiger Studien über geschlechtsbedingte Unterschiede bei Corviden bezüglich des räumlichen Gedächtnisses fehlen bei den Vögeln Informationen über das Thema weitgehend.

Fehlende geschlechtsbezogene Unterschiede weisen auf gleiche Fähigkeiten  bei Weibchen und Männchen hin zu lernen und sich komplizierten Bedingungen anzupassen, die einen Vorteil im Wettbewerb mit anderen Arten ergeben können. Wenn ein Geschlecht erfolgreicher ist als das andere, ist es interessant, den Grund für diesen Unterschied zu erkennen – warum ist es zweckmäßiger für ein Geschlecht, räumliche Informationen zu speichern und zu nutzen?

Rasvatihased: ülal isaslind, all emaslind

Kohlmeisen: oben Männchen, unten Weibchen / Foto: Uku Paal

Ein möglicher geschlechtsbezogener Unterschied interessierte die Wisschenschaftler der Universität Lund (Schweden), die ein Forschungsprojekt durchführten. Kohlmeisen durften beobachten, wo Sumpfmeisen Samen bevorrateten und kurze Zeit später durften sie nach den versteckten Samen suchen. Um die Kohlmeisen zu motivieren, wurde ihnen zwei Stunden vor dem Beginn des Experiments kein Futter gegeben – eine in der Natur recht häufige Situation. Überraschenderweise waren die weiblichen Kohlmeisen deutlich erfolgreicher bei der Suche nach den Samen als die Männchen; sie fanden die Samen schneller und machten weniger Fehler bei der Suche. Bei beiden Geschlechtern stieg der Erfolg bei der Samensuche an, wenn sie vorher deren Verstecken durch die Sumpfmeisen beobachten konnten, aber auch in diesem Fall war der Funderfolg bei den Weibchen deutlich höher als bei den Männchen. Der Erfolg der weiblichen Kohlmeisen beim Finden der Samen betrug 40% (der der Männchen war um die Hälfte niedriger), was nahe an der Fähigkeit der Sumpfmeisen lag, ihre eigenen Samenvorräte zu finden (42%). Damit gelang den weiblichen Kohlmeisen nur durch Beobachtung das Erinnern und Finden der versteckten Nahrung so erfolgreich wie dem Vorratshalter selbst.

Aber was ist der Grund für den bemerkenswerten Unterschied zwischen den Geschlechtern? Die Antwort kann sich in der Sozialhierarchie verbergen – Männchen haben einen höheren Rang als Weibchen, was ihnen die besten Nahrungsgebiete sichert. Beobachtet man die Vorgänge an Futterhäuschen, kann man sehen, dass die Kohlmeisenmännchen den ersten Zugang zum Futter haben, die Weibchen warten geduldig, bis sie an der Reihe sind. Deshalb ist es zweckmäßig für die Weibchen, die Augen offen zu halten, das Verhalten anderer Arten zu erkennen und sich die Orte zu merken, wo Futter verstaut wird, um dieses später zu entnehmen. Daher gibt es keinen Grund, sich um ein Kohlmeisenweibchen zu sorgen, das geduldig am Futterhäuschen sitzt – was sie nicht durch Stärke erreichen kann, das erreicht sie durch List.

Brodin A, Urhan U, 2015. Sex differences in learning ability in a common songbird, the great tit—females are better observational learners than males. Behavioral Ecology and Sociobiology 69:237–241. DOI 10.1007/s00265-014-1836-

Estnischer Text gesendet in Looduskalender 09.12.2016

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