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Neue Cameras

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Dritte August-Woche: Streifen in der Luft

Text: Kristel Vilbaste
Fotos: Arne Ader

Die dritte Augustwoche bot dem Wanderer wundervolle Wolkenlandschaften. Vooremaa
 
„Hrrr! Hrrrr!“ ein schwarz-gelb gestreiftes Etwas brummt an mir vorbei. Ich habe gerade noch Zeit es-wird-mir-nichts-tun-wenn-ich-es-nicht-verletze zu denken, bevor meine Hände wie Windmühlenflügel zu wedeln beginnen. Wespenplage!
 
Die vier Wetterzeichen dieser Woche:
Kranichscharen auf den Feldern,
fallende Pflaumen,
kleine Boviste
und Nebel.
 
Seit einer Woche versuche ich immer schlauere Wespen-Schutz-Maßnahmen zu erdenken, aber keine macht so rechte Freude. Ko-Existenz mit den "reizenden" Wespen funktioniert auch nicht richtig. Es gibt immer eine, die gerade auf meinem kleinen Bett ausruht, oder einer dieser fliegenden Tiger hat sich entschieden von meinem Teller zu essen. Aber wie kann man arme arbeitslose Tiere töten, die aus dem Nest gescheucht wurden? Einmal meinte ich mich so rechtfertigen zu können: dass die Wespe neben dem Menschen das einzige Lebewesen sei, dass nicht der Nahrung wegen töte und dass ein Allergiker an einem Wespenstich sterben könne ... aber sie töten nicht aus Feindschaft, sondern immer nur zur Verteidigung. Es ist deshalb dem gottgeschaffenen Tier gegenüber sehr unfair zu sagen, jemand sei „verrückt wie eine Wespe“. Am besten man knallt die Tür zu und wartet auf den ersten Frost. Seltsam genug, dass unsere Mirabellen-Hecke für Wespen attraktiv ist, den Vögeln aber zu sauer, die gelben Steinfrüchte sind nicht nach deren Geschmack. Die Elster kam und schmiss eine Tomate aufs Beet, aber sie versuchte es nicht einmal mit den kleinen Pflaumen.
 
An der Küste sind die roten Hagebutten der Rugosarosen reif 
 
Diebische junge Nebelkrähe
Am Boden sieht man in diesem Spätsommer viele Junge der Krähenfamilie herum wieseln. Eine struppige, grau berockte junge Nebelkrähe wohnt in meiner Nähe und hockt jedes Mal verschreckt, wenn ich mit meinem Fahrrad vorbei komme. Eine ganz seltsame Straßenbewohner-Familie lebt jedoch am Markt von Tartu, gleich in der ersten Blumenreihe. Die Saatkrähenjungen sind derart an Menschen gewähnt, dass eine der Blumenverkäuferinnen erzählte, sie würden gemeinsam essen ... aber eine schlechte Angewohnheit hat die Dame der jungen Krähe nicht abgewöhnen können: „Von Zeit zu Zeit kommt sie mit einem halben oder einem zwei Euro-Stück im Schnabel und deponiert es hier auf dem Bord.“ Natürlich um zu helfen! 
Die Kraniche sammeln sich in Scharen, Rein Mikk sah bereits ein Feld mit einer 240-Kranich-Abendgesellschaft. Die Stimme der Bachstelze ist eindeutig herbstlich, und ihre Körperhaltung im Morgennebel wirkt wie im Oktober. Und die Limikolen sind bereits auf dem Zug, diese schmutzigbraunen Langschnäbel sind derzeit überall.
 
Pflaumensüße
Große Pflaumen leuchten wie violette Sonnenbälle aus den Kronen der Pflaumenbäume, noch immer nicht durch Schütteln herunterfallend, aber bald ist auch diese Zeit da. Das Herz der Sommeräpfel wird bereits langsam braun, und die Herbstäpfel entwickeln Geschmack. Am Morgen unter einem Birnbaum zu stehen kann einen bei plötzlich aufkommendem Wind mit einer reifen Birne überraschen, die einem auf den Kopf fällt. Die Getreideernte ist in vollem Gange. Man kann sogar Apfelbeeren-Saft erhalten, die Johannisbeeren sind längst vergangen. Eine erste Ernterunde der Preiselbeeren ist möglich, die Moosbeeren sind noch nicht reif. Laima Ollin vom Mustika-Beeren-Bauernhaus macht auf meine Nachfrage eine Probe auf dem Feld: „Eine Moosbeeren-Seite ist rot, die andere weiß ... und welche Überraschung, die Samen sind bereits braun, wie Du gesagt hast..“
 
Im Spätsommer gibt es sehr viele Wespen. Wespen sind in einen Starenkasten eingezogen
 
Robuste Steinpilze
Die Pilzsaison hat begonnen, die ersten faden Täublinge und junge frische Birkenpilze landen in den Pilzkörben. Unsere Überraschung war groß, als wir Mitte der Woche Tammetsõõri in Võrumaa besuchten – der gesamte Innenbereich des Eichenkreises war mit Pfifferlingen vergoldet. Pilze sammeln in einem heiligen Hain ist aber nicht so das Rechte und es zeigte sich, dass auch auf dem überlieferten Pfifferlingsplatz des Bauernhauses genügend Pilze für viele Pfannen voll standen. Zu Aotähts Freude gab es auch mehrere feste Steinpilze. Die Boviste in Tammetsõõri sind kräftig am wachsen, überall sind lauter junge Boviste und die Leute haben auch schon den ersten Riesenbovist gefunden.
 
Schlaue Wölfe und „dumme“ Igel
Es gibt mehr und mehr Zeitungsartikel über das Treiben der Wölfe zu lesen. Besonders über hinterlistige Wölfe, die sich in Hunde verwandeln, und über jene, die wie Hunde behandelt werden und dann, wie Wölfe, einen in die Hand beißen. Ein Wolf ist ein Wolf, und er tut das, was ein Wolf tun muss! Wilde Tiere verstecken sich in dichtem Unterholz und wir sehen sie meist erst, wenn ihre Seelen bereits in die ewigen Jagdgründe eingegangen sind – als Balg auf der Straße liegend. In diesem Jahr gibt es besonders viele Igel – vermutlich hatten sie in diesem Jahr eine hohe Nachwuchsquote. Aber es gibt auch genug Fuchspelze, die die Straßen verzieren. Da in einem Monat die Paarungszeit der Elche beginnt, lohnt es sich bereits jetzt, bei Fahrten in der Abenddämmerung mehr Aufmerksamkeit darauf zu richten.
 
Boviste
 
Blumengeschichten: drei sind eines
Das Blatt des Weißklees ist das Nationalsymbol Irlands, getragen zu Ehren des Schutzpatrons Irlands, des heiligen Patrick. Eine alte Legende berichtet, dass die Iren die Lehre über die Dreieinigkeit, also die Existenz Gottes in drei göttlichen Wesen, nicht verstehen konnten. Bis der heilige Patrick ein Kleeblatt nahm und erklärte, so wie diese drei kleinen Blättchen ein Blatt an einem gemeinsamen Stiel seien, so erweisen sich die drei Gesichter Gottes als eines.
 
 
Zitat:
Um den Bartholomäustag (25. August) herum werden die Pilze gesät, man sagt, die Säer seien alte Junggesellen und Jungfrauen.
 
 
    
Übersetzung: Liis und Leonia