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Schwärmer auf Frühsommerblumen

Autor Rein Kuresoo
Übersetzung ins Englische: Liis
Übersetzung vom Englischen ins Deutsche: Felis silvestris
 
Anfang Juni explodiert das Geißblatt in sein weißes Abendkleid aus Blüten. Es wird der verschwenderischste Gastgeber für die frühsommerlichen Mottenabendbälle. Wenn die Abenddämmerung kommt, versprüht das Geißblatt seine unwiderstehlichen Balleinladungen. Als frühester von allen kommt bei Sonnenuntergang der Labkrautschwärmer (Hyles gallii) mit seinem gestreiften Unterleib zu Besuch. Sie haben die Ehre die ersten zu sein, die ihren Rüssel in den im Blütenkelch versteckten berauschenden Nektar drücken. Aber sich mit ihrer frühen Aufstehzeit entschuldigend, verschwinden die Labkrautschwärmer so plötzlich, wie sie angekommen sind. Erst dann kommt die Flut der späten Partylöwen - zuerst der Kleine Weinschwärmer, in einer etwas unhöflichen Art hereinkletternd, aber sie müssen sofort akzeptieren, dass sie wie die Füchse auf dem Storchenfest sind. Nachdem die Labkrautschwärmer weg sind, um sich zwischen den Schwertlilien, Rhododendren und den Weigelien zu trösten, kommt der deutlich wohlerzogenere Große Weinschwärmer an. Unter den Ballgästen können einige braune Kiefernschwärmer und einige einzelne große und geheimnisvolle Ligusterschwärmer (Sphinx ligustri) gesehen werden. Einige Schwärmerarten, so wie Laothoe amurensis und Abendpfauenauge (Smerinthus ocellatus) verweigern die Einladung des Geißblatts, ihr Leben als Imagos vergeht fastend.
 
Ihr kraftvoller Flug und die nächtliche Kühle erfordern viel Energie von den Schmetterlingen (um an einem kühlen Abend zum Flug abzuheben, müssen Motten erst ihren Oberkörper durch schnelles Vibrieren der Flügel erwärmen). Deswegen benutzen sie gern die Gelegenheit, mit dem Nektar der duftenden Blüten aufzutanken und lassen sich nicht besonders stören, auch nicht von Taschenlampen. Der duftende Strauch, wimmelnd von großen Motten, bietet ein Erlebnis, das auf keinem Ball verfügbar ist. Wenn man das Licht ausmacht, ist das Summen der Flügel der großen Schmetterlinge hörbar, senden immer neue süße Duftempfindungen in die Luft. 
 
Kleiner Weinschwärmer auf Geißblatt
 
 
Die Schwärmer bestäuben Blumen, die eine lange Blütenröhre oder einen Sporn haben. Charles Darwin, der als eines seiner wichtigen Forschungsthemen die Insektenbestäubung von Pflanzen hatte, erhielt 1862 aus Madagaskar ein Exemplar der Orchideenart Angraecum sesquipedale, die einen Sporn von einer Länge von 20-35 Zentimetern besitzt, und war erstaunt - es war nicht bekannt, welches Insekt einen Rüssel haben könnte, der lang genug wäre, um den Grund des Sporns dieser Blume zu erreichen. In seinem Buch "Die Bestäubung von Orchideen", das im gleichen Jahr veröffentlicht wurde, sagte er die Existenz eines solchen Insekts voraus.
 
Einige Jahre später veröffentlichte Alfred Russel Wallace einen Artikel, in dem er die Hypothese von Darwin unterstützte, mit der Feststellung, dass der Schwärmer Xantophan (Macrosila) morganii, auf dem afrikanischen Kontinent lebend, ein Instrument mit der erforderlichen Länge besitzt. Wallace schreibt: "Es kann getrost vorausgesagt werden, dass eine ähnliche Schwärmerart auch auf Madagaskar existiert und Naturforscher, die diese Insel besuchen, mit dem gleichen Vertrauen danach suchen sollten, mit der die Astronomen nach dem Planeten Neptunus gesucht haben - sie werden sicherlich gleichermaßen erfolgreich bei ihrer Suche sein".
 
Ein Schwärmer mit einem Rüssel von geeigneter Länge wurde 1903 auf Madagaskar entdeckt und wurde Xanthopan morganii praedicta (praedicta bedeutet vorhergesagt) benannt. Tatsächlich wurde später herausgefunden, dass es keine separate Unterart ist - der Schwärmer der auf Madagaskar lebt, unterscheidet sich in keiner Weise von seinen Verwandten auf dem afrikanischen Festland. 
 
Weinschwärmer, Nektar von einer Jelängerjelieberblütesaugend. Um mit dem langen Rüssel des Schmetterlings den Boden der gleich langen Blütenröhre zu erreichen, muss der Weinschwärmer den Kopf in die Blüte stecken. Zur gleichen Zeit reiben seine Unterseiten gegen Stempel und Staubgefäße.    
 
Kiefernschwärmer auf Geißblatt
 
Kleiner Weinschwärmer auf Sibirischer Schwertlilie beschäftigt. Geißblatt wurde nicht angerührt - offenbar ist der Rüssel zu kurz. Also doch tatsächlich ein Kleiner Weinwschwärmer. (Anm. d. Übers.: auf Englisch heißt der Kleine Weinschwärmer "Small Elephant Moth" - "Kleiner Elefantenschwärmer")