Machen Pigmentflecken auf dem Ei die Schale härter?

Autorid

Text und Fotos  Marko Mägimarko.magi@ut.ee

Übersetzung vom Estnischen ins Englische Liis

Vom Englischen ins Deutsche Leonia

 

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Textkörper

Kohlmeiseneier  

Die meisten Meisen haben ihre Eiablage bereits beendet. Die Weibchen sitzen im Nest, richten hin und wieder die Eier und warten auf das Schlüpfen der Küken. Es dauert nicht mehr lang, bis die ersten Meisenküken erscheinen. Bei der Beobachtung der Brut durch die Nestkamera sieht man, welch aktiver Ablauf das ist – es ist nicht nur ein Sitzen an einem Ort, sondern ein ständiges „Mit-Füßen-Treten“, dem die Eierschalen tapfer widerstehen müssen.

Vogeleier haben verschiedene Formen und Farben; häufig sind die Eier gemustert. Das Muster der Eierschale hat mehrere Aufgaben: es macht es Räubern schwieriger, die Eier zu finden, gleichzeitig können die Pigmente in den Eierschalen den Fötus vor übermäßiger Sonneneinstrahlung schützen, oder umgekehrt, die Entwicklung des Fötus durch Halten der Wärme unterstützen. Bei vielen höhlenbrütenden Vogelarten, zum Beispiel bei Eulen, sind die Eier vollständig ungemustert; bei einem Höhlenbrüter spielt wahrscheinlich ein Eierschalenmuster keine wichtige Rolle als tarnende Färbung oder für den Wärmeaustausch.

Allerdings gibt es eine Reihe von höhlenbrütenden Vogelarten, die Eier mit rostfarbenen Flecken ähnlich denen der Meisen legen. Obwohl die Funktion der Flecken bislang noch nicht überzeugend erklärt wurde, wurde unter anderem vermutet, dass das Weibchen mit der Intensität der Flecken seine Qualität seinem Partner signalisiere. Der Partner eines so bezeichneten hochwertigen Weibchens soll nach der Theorie ihr mehr Aufmerksamkeit schenken und nicht die Nachbarin besuchen. Eine überzeugende Bestätigung für die Hypothese wurde jedoch nicht gefunden.

Vor etwa einem Jahrzehnt wurde eine wissenschaftliche Theorie über die strukturelle Funktion der Flecken auf den Eierschalen vorgeschlagen. Die Substanz, die die Flecken erzeugt, ist Porphyrin, und es sollte die Eierschalen stärker machen. Bekräftigende Belege wurden bei der Messung der Dicke der Schale von Kohlmeiseneiern gefunden: es zeigte sich nämlich, dass im Bereich der Porphyrin-Flecken die Eierschale dünner war, aber der Bereich der Flecken dennoch gegen Druck resistenter war.

Eine anständige Theorie benötigt jedoch einen experimentellen Beweis. Eines der Experimente, in denen die Eiablage der Vögel durch die Verfügbarkeit von für das Eierlegen notwendigem Kalzium manipuliert wurde, wurde im Südwesten Estlands durchgeführt (link). Über Jahre sammelten Forscher der Universität Tartu Daten über die Schalenmuster der Kohlmeiseneier und die resultierenden Daten erlaubten erstmals auf der Welt die Gültigkeit der Hypothese strukturiert zu überprüfen. Nach dieser Theorie sollten die Eier der Vögel, die mit extra Kalzium versorgt waren, kleinere und hellere Flecken haben, die Weibchen mit Kalziummangel sollten hingegen mehr Porphyrin in die Eierschalen investieren müssen.

Die Analyse der Eierschalenmuster der Kohlmeisen ergab, das die Fleckigkeit von Jahr zu Jahr schwankt, was wiederum auf wesentliche Auswirkungen der Bedingungen während der Brutperiode auf das Äußere der Eier hinwies. Ein direkter Effekt von Kalzium auf das Muster der Eier wurde jedoch nicht festgestellt, mit Ausnahme eines Testjahres, in dem der Effekt zu dem unter den Bedingungen Erwarteten gegenteilig war – die Eier der Vögel, denen Kalzium gegeben worden war, hatten deutlich mehr Pigment als jene der Kontrollgruppe Meisen. Somit bestätigten die Daten der estnischen Meisen die Hypothese über die strukturelle Funktion der Pigmentflecken nicht.

Aber es ist sicherlich nicht richtig anzunehmen, dass damit die Theorie endgültig widerlegt wäre – die endgültige Antwort bedarf weiterer experimenteller Studien mit negativen Ergebnissen. Darüber hinaus blieb bis jetzt die Funktion der Eierschalenmuster von Höhlenbrütern ein Geheimnis.

Mägi M, Mänd R, Konovalov A, Tilgar V, Reynolds SJ, 2012. Testing the structural-function hypothesis of eggshell maculation in great tits: an experimental approach. Journal of Ornithology, 153: 645−652.

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