Text und Bilder Tiit Hunt, www.rmk.ee
Übersetzung vom Englischen ins Deutsche: Brit
Estnischer Text gepostet am 27.02.2019
Am häufigsten sind neue Arten mit Hilfe von Menschen, unbeabsichtigt oder absichtlich, nach Estland gekommen. Solche, die natürlich ankommen und so ihre Ausbreitungsfläche erweitern, sind wenige. Ein solch neuer Bewohner kommt, neben dem überraschenden Schakal, aus dem Fischreich.
Der kleine Bitterling (Rhodeus amarus), bis zu 10 cm lang, wurde erst letztes Frühjahr im Fluss Pärnu von Ichthyologen entdeckt. Natürlich kommen Dutzende solcher Bitterlinge nicht über Nacht, unmittelbar vor der Entdeckung der neuen Art. Sie müssen in dem Fluss schon seit einigen Generationen leben. Die überraschende Tatsache ist, dass die Art erst jetzt entdeckt wurde. Nun, ein ernsthafter Fischer hat nicht die Zeit, im Unkraut nach Fischen herumzuwühlen; er bemerkt größere Fische, die einen Marktwert und einen anerkannten Geschmack haben. Der Bitterling hat weder das eine noch das andere, wie sein Name andeutet, schmeckt er bitter.
Während der Laichzeit von April bis Juni könnten die Männchen durch ihr Hochzeitsaussehen mit leuchtend rosa Seiten und rotem Anus und Rückenflosse auffallen, sie sehen aus wie ein Aquariumsfisch.
Wie auf dem Foto zu sehen, haben die Bitterling Weibchen ein recht bescheidenes Aussehen und der bläuliche Streifen, der am Heckstiel entlang verläuft, ist nicht zu erkennen. Die Art ist in Mittel und Osteuropa verbreitet, auch in Kleinasien.
Die Bitterlinge, die im Fluss Pärnu gefunden wurden, haben sich hier von Lettland aus ausgebreitet, wo die Art weit verbreitet ist. Es ist auch wahrscheinlich, dass sie auch im Joiva Flusseinzugsgebiet vorkommen. Die Verbreitung der Art in Estland ist noch nicht untersucht. Die Lebensräume dieser Süßwasserart, die sich am Boden von Wirbellosen ernähren und teilweise von Pflanzen die in Gewässern mit reicher Flora wachsen – Teichen, Gräben, alten Flussbetten. Sie können auch in langsam fließenden Flussabschnitten mit Sand oder Schlamm vorkommen. Die sesshafte Fischart, die sich nahe der Vegetation aufhält, hat dennoch ihren Lebensraum nach Norden erweitert.
Die Verbreitungsstrategie des Bitterlings ist sehr eigenartig: im Gegensatz zu unseren anderen Fischarten legen Bitterlinge ihren Rogen in die Kiemenhöhlen lebender Fluss- oder Seemuscheln. Um die Fischrogenkörner dorthin zu bringen entwickelt der weibliche Fisch eine lange Eiablageröhre oder Ovipositor aus dem Urogenitaltrakt, durch den die Fischrogenkörner in die Schalenhülle der Muschel eingeführt werden. Das Bitterling Männchen nutzt dann das Wasser, das die Muschel atmet, um die Fischmilch zu den Fischrogenkörnern zu bringen. Die vom Männchen ausgeschiedene Spermienwolke tritt mit dem Atemwasser in die Muschel ein, wodurch die Fischrogenkörner in der Kiemenkammer befruchtet werden. Das Laichen findet von April bis Juni statt. Die Larven bleiben in der Kiemenhöhle der Muschel bis der Eibeutel aufgebraucht ist. Nach etwa einem Monat Entwicklung verlässt die geschlüpfte Fischbrut und beginnt sofort, sich aktiv zu ernähren.
Früher wurden weibliche Bitterling benutzt um Schwangerschaftstests für Frauen durchzuführen – so eine interessante neue Fischart.