Herausgeber der wissenschaftlichen Nachrichten zum Jahr der Kohlmeise Marko Mägi, marko.magi@ut.ee
Übersetzung ins Englische Liis; vom Englischen ins Deutsche Leonia
Viele kennen die verschiedenen Lieder der Kohlmeise, aber nur wenige haben den Vogel zischen gehört wie eine Schlange. Zischen kann man hören, wenn man auf eine auf ihren Eiern im Nistkasten sitzende weibliche Meise trifft, ansonsten verwendet die Kohlmeise diesen Ruf nicht. Er wird verursacht durch Räuber wie Wiesel, Hermelin, Baummarder, Sperlingskauz, streunende Katzen, die für einen in einer Baumhöhle sitzenden Altvogel eine Bedrohung sind. Obwohl ein Nest in einer Höhle vergleichsweise gut gegen Räuber geschützt ist, kann es eine tödliche Falle werden, wenn das Nest entdeckt wird – der einzige Fluchtweg wird vom Räuber bewacht und im schlimmsten Fall kann der Räuber sogar in die Höhle gelangen.
Die größte Gefahr bedroht genau das brütenden Kohlmeisen-Weibchen, das geduldig im Nest hockt und die Eier während der zwölf Tage wärmt, die für das Bebrüten notwendig sind, und das es selten verlässt. Während Vögel, die im Offenen brüten, in jede Richtung flüchten können, haben höhlenbrütende Vögel nur die eine Fluchtmöglichkeit.
Vermutlich ist es das Ziel des Zischens, den Räuber zu erschrecken. Der Zischlaut beginnt heiser und endet in einem SSS-Laut, häufig stellt das Weibchen am Ende des Zischens plötzlich Schwanz und Flügel auf, um den Eindringling noch mehr zu erschrecken. Der Ruf ähnelt dem Zischen einer Schlange oder dem Warnruf eines Mauswiesels und er soll den möglichen Angreifer fernhalten oder genügend erschrecken, um dem Weibchen eine Möglichkeit zu eröffnen, aus der Höhle zu fliehen, bevor der Räuber Zeit hat, sich zu besinnen. Eine Studie, die in Estland und Lettland durchgeführt wurde, lieferte eine Antwort auf die Frage, ob das Zischen den Vögeln wirklich einen Vorteil bietet und ihre Überlebenschancen erhöht, oder ob es nur den Räuber provoziert, die Höhlenöffung noch aggressiver anzugreifen.
Während der Brutperiode wurde ein ausgestopfter Specht durch die Nistkastenöffnung geschoben (siehe Bilder) und das Verhalten des Weibchens wurde beobachtet – ob der Vogel zu zischen begann, wie oft er zischte und wie viel Zeit für das Zischen genutzt wurde, wurde notiert. Später wurden die Daten von Nestplünderungen mit den Reaktionen der Vögel verglichen, um den Vorteil des Zischens zu bewerten.
Ein ausgestopfter Specht wurde durch die Nistkastenöffnung geschoben und das Verhalten des Weibchens notiert. Foto: Marko Mägi
Foto: Marko Mägi
Die Mehrzahl der Weibchen begann zu zischen, als sie den ausgestopften Specht sahen. Die Plünderung der Nistkästen hing nicht vom Zischverhalten der Weibchen ab, aber die Überlebensquote der zischenden Weibchen war signifikant höher. Von den Nestern zischender Weibchen wurden 15,4% geplündert, in 28,9% Fällen wurden die Weibchen getötet; von den Nestern, in denen die Vögel beim Anblick des Spechtes still blieben, wurden 28,6% geplündert, in ihnen wurde das Weibchen in 75% der Fälle getötet. Ergänzend zeigte das Experiment, dass Katzen beim Hören einer Aufzeichnung des Zischens aus dem Nistkasten ihren Angriff auf den Nistkasten stoppten. Ausn den Ergebnissen kann man schließen, dass der Räuber erschreckt wurde, und dass der Vogel, der vor ihm flüchtete, eine Chance zur erneuten Brut hatte. Eine später durchgeführte Studie zeigte jedoch, dass zischende Weibchen und stille Weibchen sich im Hinblick auf den Fortpflanzungserfolg nicht unterschieden; der Vorteil des Zischens war eher an die tatsächlichen Bedingungen und den Charakter des weiblichen Vogels gebunden.
Koosa K, Tilgar V, 2016. Is hissing behaviour of incubating great tits related to reproductive investment in the wild? Acta Ethologica 19: 173-179. doi:10.1007/s10211-016-0239-y
Krams I, Vrublevska J, Koosa K, Krama T, Mierauskas P, Rantala MJ, Tilgar V, 2014. Hissing calls improve survival in incubating female great tits (Parus major). Acta Ethologica 17: 83−88, DOI 10.1007/s10211-013-0163-3
rama T, Mierauskas P, Rantala MJ, Tilgar V, 2014. Hissing calls improve survival in incubating female great tits (Parus major). Acta Ethologica 17: 83−88, DOI 10.1007/s10211-013-0163-3