Halbschwanz‘ Wintergeschichte

Eingereicht von Looduskalender - Fr., 23.02.2018 - 22.58
Autorid

Fotos und Text  Arne Kiin

Übersetzung ins Englische: Liis

Übersetzung vom Englischen ins Deutsche: Brit

Estnischer Text gepostet am 22.02.2018

Bild
Poolsaba sööb vilja
Textkörper

Halbschwanz frisst Körner

 

Gimpel/Dompfaff/Blutfink       Leevike      Pyrrhula pyrrhula

 

Dezember, die dunkelste Zeit des Jahres. Einige Grad Frost, leichter Raureif auf dem Boden. Morgenkaffe bei Lampenlicht, Zeit sich um die Mägen der gefiederten Freunde zu kümmern. Erste Sonnenblumenkerne aus dem Schrank in der Halle, dann eine Handvoll Körner aus dem Eimer. Dazu sollten einige Vogelbeerbüschel, die im Herbst gepflückt und in der alten Scheune neben dem Brennholz zum Trocknen gelegt wurden, dem Futtertisch beigefügt werden. Beim Öffnen des Viehstalls erstarre  ich zur Säule erstarrt – ein Beerenbüschel steigt plötzlich auf zum Flug und landet auf dem Holzstoß. In wenigen Momenten gewöhnen sich meine Augen an die Dämmerung – ein Gimpel! Wie kam er herein? Es gibt eine Katzenklappe in der Tür, da durch besuchen Meisen den Stall, aber dass solch ein vorsichtiger Vogel ….

Auf jeden Fall ist der Gimpel im Stall und hat keine Eile aus der geöffneten Tür zu fliegen, reißt nur den Schnabel weit auf um Angst einzujagen. Ich kann der Versuchung nicht widerstehen, ich trete leise näher, strecke langsam meine Hand aus …. Gefangen! Der Vogel bleibt auch jetzt noch ruhig, pickt nur einige Male leicht gegen meine Finger mit seinem Schnabel. Was soll ich mit ihm machen? Fotografieren ist ausgeschlossen, Bilder auf denen ein Mensch einen Vogel in der Hand hält waren niemals akzeptabel für mich. Nichts anderes kommt in Frage, als dass ich hinausgehe und meine Hand öffne. Der Gimpel fliegt zum Wald, lässt aber zwei schwarze Schwanzfedern zum Andenken zurück.

Man könnte glauben, dass diese Erfahrung genug für ihn war und dass wir uns nicht mehr wiedertreffen. Aber am nächsten Morgen fand ich den Gimpel wieder im Stall, Und danach auf dem Getreide. Dass er seine verdauten Beeren auf den frischen ließ mochte ich jedoch nicht. Ich nagelte ein Stück Sperrholz über die Katzenklappe; ich fing an den Gimpel als Halbschwanz zu betiteln. Die fehlenden Schwanzfedern erlaubte es ihn leicht unter anderen zu erkennen.

Der Geschmack von Beeren war im Schnabel von Halbschanz und ab dieser Zeit wurde er ein ständiger Kunde am Vogelfutterhäuschen. Er war dem Futterlieferanten gegenüber nicht besonders scheu, flog nur auf die Spitze des Apfelbaumes und ließ von dort sein melancholisches Pfeifen erklingen. Manchmal pfeife ich zur Antwort und so halten wir einen Dialog. Er versteht den Sinn des Gespräches, ich … nun gut.

Poolsaba pujuvarrel

Halbschanz auf einem Beifußstängel

Anders als seine Artgenossen, scheint Halbschanz eine Einzelgänger-Persönlichkeit zu sein. Auch wenn er mit einigen anderen Gimpeln zusammen frisst, bleibt er für sich. Er kümmert sich nicht viel um andere Vögel. Wenn die Vogelbeeren ausgehen, fliegt er  zum Beifußstängel hinter dem Zaun und pickt dort Samen. Er hat sogar gelernt neben den Goldammern Körner aus dem Futterhäuschen zu nehmen. Anfangs ging das Korn im Schnabel hin und her, aber der fleißige Anfänger wurde bald zum Meister.

Õhuakrobaat

Luftakrobat

Trotz seinem phlegmatischen Charakter hat der Gimpel genug Eifer. Wenn ich den Beerenbüschel so setze, dass er ihn vom Ast aus nicht erreichen kann, zeigt er seine Geschicklichkeit und pflückt die Beeren eine nach der anderen im Flug. Natürlich musste ich das fotografieren, obwohl das Licht knapp ist. Doch der März mit seinem Frühjahr-Winter Sonnenschein steht noch bevor ….

So ist Halbschwanz‘ Wintermärchen bisher. Nicht mehr lange, da die Sonne immer höher steigt und bald für ihn die Zeit kommt, einen Partner zu bekommen und ein Nest zu bauen. Für mich bleiben mehrere Dutzend Aufnahmen im Fotoarchiv als Erinnerung, für ihn mehrere schöne Magenfüllungen – so sollten wir beide zufrieden sein. Viel Glück bei der Partnersuche, Halbschwanz!

Vielleicht werden wir uns im nächsten Winter wiedersehen.

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