Wie hitzig es in der Paarungszeit hergehen kann, können wir an dem Foto sehen, auf dem ein völlig wilder Luchse auf den Wegen des Elistvere-Tierparks herumläuft. Dort lebt ein interessantes Luchsweibchen.
Um das Paarungslied der Luchse zu hören, lohnt es sich jedoch, in einer Märznacht den Elistvere-Tierpark zu besuchen oder der Elistvere-Luchskamera im Looduskalender zu lauschen – vielleicht hat man Glück.
Foto: Elle Mäerand
Estnischer Text publiziert vom Tier-des-Jahres-Team 1.3.2018
Übersetzung ins Englische Liis; vom Englischen ins Deutsche Leonia
In der zweiten Februar-Hälfte beschleicht eine seltsame Unruhe die Seele der Luchse. Sie wandern mehr als zur Jagd notwendig. Das Tier, das einen einzelgängerischen Lebensmodus pflegt, interessiert sich plötzlich sehr für seine Nachbarn. An markanten Büscheln und Baumstämmen werden Geruchsspuren hinterlassen: Urin wird verteilt.
Dies wurde auch vorher gemacht, um das Territorium zu markieren, jedoch nicht so häufig. Jetzt haben wir eine Visitenkarte, die anzeigt, wer ich bin, woher ich komme und was ich will. Oft wird die Reviergrenze verletzt, was wiederum heftige Streitereien auslöst. Rufe sind wichtig. Das Repertoire reichhaltig. Ein Luchs hat ein extrem scharfes Gehör, so dass das Paarungslied nicht für taube Ohren aufgeführt wird.
Die beste Gelegenheit dies zu erleben, ist eine Märznacht im Elistvere-Tierpark. Wenige haben je im Wald einen Luchs gehört. Ich erinnere mich, dass ich vor Jahren auf den Stufen von Vaters Haus im Januar im Dunkeln das wiederholte Rufen von zwei Luchswelpen hörte, die ihre Mutter suchten. Sie haben sie nicht gefunden. Hunger und Kälte beendeten die unterbrochenen Rufe binnen einer Woche.
Die Luchswelpen, mittlerweile neun Monate alt, konnten nicht verstehen, was mit ihrer Mutter geschehen war. Das Weibchen, das bis jetzt extreme Liebe und Fürsorge gezeigt hatte, ist nachlässig zu seinem Nachwuchs geworden und bisweilen sogar feindselig. Die hungrigen Rufe der Jungen veranlassen sie nicht zum Jagen. Sie ist nur noch an den Duftspuren der Luchsmännchen interessiert. Die Jungen wissen nicht, dass die Paarung beginnt. Das Wissen würde ihnen auch nichts nützen. Sie haben keinen Nutzen von der Paarungszeit. Es ist Zeit, sich selbstständig zu machen und Begegnungen mit mürrischen Luchsmännchen zu vermeiden.
Zunächst prüfen sie alle Stellen, an denen das Weibchen früher Beute hatte machen können. Futterüberbleibsel und Überreste werden üblicherweise im Schnee versteckt. Diese werden jetzt gesucht. Meist haben Füchse und andere Fremde einen sauberen Ort hinterlassen. Häufig kann man dort einen Marderhund antreffen. Leichte Beute! Hunger lässt keine Beschwerden zu, was die Geschmacksqualität betrifft. In der zweiten Winterhälfte sind die Rehe voller Lebenskraft. Versuche, sie zu fangen, gehen immer fehl. Außerdem hat das Weibchen bereits alle Schwächeren herausgeholt. Den Jungluchsen fehlen sowohl das Gewicht als auch die Griffstärke der Kiefer. Für sie wäre hoher Schnee mit einer Harschschicht und Beutegetier mit geschwächter Physis geeignet. Aber was nicht da ist, ist nicht da. Nun bräuchten sie Hasen, Mäuse und Wildhühner, die in der Nacht im Schnee versteckt sind. Angemessene Beute in jeder Hinsicht. Aber die sind nicht da. Der Status von Schneehasen und Haselhühnern ist schlimmer als schlecht, die Mastphasen der Mäuse kommen in Intervallen von 4-6 Jahren. Dieser Winter ist was die Menge der Mäuse betrifft nicht bemerkenswert. Als letzte Ressource suchen sie die Mutter. Gelegentlich zeigt sie Gnade und teilt ihre Beute. Aber die Jungen schaffen es kaum, den schlimmsten Hunger zu stillen, bevor sie weitergeschickt werden, um allein ihre Bäuche zu füllen. Das Waldleben ist hart. Gut, wenn die Hälfte der Jungtiere auswachsen. Das bedeutet, dass sie bis zu ihrer ersten Paarung überleben. Luchsweibchen werden im zweiten Lebensjahr geschlechtsreif, Luchsmännchen im dritten Lebensjahr.
Vahur Sepp