Zweite Novemberwoche: frost-überzuckerte Erdbeeren
Text: Kristel Vilbaste, loodusenaine@hot.ee
Fotos: Arne Ader
Dämmerung am Pangodi See
Die Veranda ist voller herumspringender Federkugeln. Hop!, Hoppla, einer ist dem anderen auf den schwarzen Schwanz gesprungen. Nein, er hat ihn nicht getroffen, der in diesem Fangspiel angepeilte Schwanz haut ab auf die nächste Stuhllehne. Die Meisen spielen Fangen. Ein Schnabel voll Schmalz aus dem Futterhäuschen hat die Vögel hyperaktiv werden lassen.
Die vier Wetterzeichen dieser Woche:
Vorrat schaffende Krähen,
Die weißen Kügelchen der Schneebeeren*),
Goldammer-Schwärme
und die Erwartung des Schnees.
*) Symphoricarpos
Das Schmalz auf der Veranda ist unverfälscht und frei von Konservierungsmitteln, meine Meisen erhielten keine Rauschmittel. Aber vielleicht sind die Meisen einfach glücklich über den Morgen, wärmer als üblich, das leckere Schweineschmalz und die Haferkörner. Ja, die Natur vermag sich an kleinen Dingen zu erfreuen, eine Fähigkeit, die sich bei den Menschen zu verlieren neigt. Aber dennoch, dennoch! Diese Woche brachte, zusätzlich zum Vollmond, angenehme Sonnentage und die Sonne zog mit ihren warmen Strahlen sogar eingefleischte Büromäuse ins Freie. Es gab genug Sonnenwärme, dass sogar der Hängekorb mit den Erdbeeren glücklich erneut zu blühen begann und so hübsch mit seinen rosa Blüten blinzelte, dass sie einfach dazu aufforderten, sie aus größerer Nähe zu bewundern. Und welche Überraschung ... aus dem Topf erwiderten zwei kräftig rote Erdbeeren unseren Blick. Erdbeeren im November, zu einer Zeit, in der sie jeden Morgen mit Frost überzuckert werden können. Aber vermutlich sind ein paar Grad Kälte für unsere heutigen Gartenpflanzen gut zu überleben.
Feldsperlinge zwitschern auf kahlen Ästen
Vergilbender Rasen
Andere Bereiche der Natur sind nach und nach schlafen gegangen, nur einige verwirrte Blumen blühen noch. Für den Vatertags-Strauß fanden wir noch Hirtentäschel, Goldrute, Schafgarbe und Rainfarn. Dazwischen noch einige halberfrorene Löwenzahnblüten. Ungemähte Wiesen sind schwarzbraun geworden, der Rasen beginnt sich mit einem gelblich-braunen Schatten zu überziehen. Es ist traurig, die goldgelben Birken anzusehen, die bislang noch nicht der reißenden Macht von Sturmböen ausgesetzt waren und irgendwo zwischen den Häusern immer noch ihre Herbstmode zeigen. Liebe Birken, der Schnee kommt bald! Aber der erste nasse Schnee ist für die Birken nicht so gefährlich. Eher sehen wir Eichen brechen, deren Blätter noch fest an ihrem Platz haften.
Schweine-TV hat begonnen!
Für sesselverbundene Waldgenießer brachte der 11.11.11 gute Nachrichten, die Waldkamera steht wieder auf der looduskalender.ee-Seite. Es braucht noch seine Zeit, die Akteure zur rekrutieren – aber zumindest eine Show läuft bereits – mit dem Kameraauge wurde ein sehr aufgewecktes Paar Marderhunde eingefangen. Der erste Gedanke war, warum diese dicken Walzen nicht ihren Winterschlaf genießen? Dazu sagt Wettermann Gennadi Skromnov: „Und warum sollten sie schlafen und nicht das Futter genießen? Wenn man fett ist, ist man schön und stark.“ Es gibt auch andere auf dem Wald-Futterplatz, die sich an einer hübschen Leibesmitte erfreuen, aber sie sind nicht zu sehen. Plötzlich, als die Kamera kaum begonnen hatte, die Bilder tierischen Lebens zu übermitteln, geschah eine Katastrophe: gerade zur besten Sendezeit gingen die Scheinwerfer kaputt. Und dann war glückliches Grunzen und Schmatzen aus den Lautsprechern zu hören. Es blieb nur übrig zu erraten, wer da ein Interview gab...
Goldammer
Hortende Krähen
Es ist noch ein wenig zu früh für die Kleinvögel-Winterkamera. Aber wir hier haben in unserem Garten den Futterplatz eröffnet. Jeden Morgen gehen wir mit Aotäht, eine Tasse Hafer zu dem Stein unter die Hecke zu bringen und ... auch ein paar Handvoll unter die Hecke – für die Rebhühner. Aber diese grauen schnelllaufenden Federbälle haben sich während der Woche nicht gezeigt. Wir haben den Fuchs nicht mehr herumstrolchen sehen, aber ... Allerdings wird das Angebot auf dem Stein dankbar von einem Krähenpaar angenommen. Das ist gierig wie Hamster. Korn für Korn wird aufgepickt, bis die Wangen sich wölben und dann ein Flug von etwa zehn Metern und die Körner werden im verdorrten Gras und dem Laub versteckt. Die Krähen sehen aus als wollten sie sagen „Ihr-seht-uns-nicht!“. Aber ich sehe und denke, dass wenn der Schnee kommt, ihr Närrchen nicht mehr an die Körner kommen werdet. Auf jeden Fall gibt es ein Versprechen, eine großen Hafer-Pflanzung werde hier am Rande Tartus wachsen, Sonnenblumen gibt es bereits zu Dutzenden.
Weitsprungmeister
Die größte Überraschung boten diese Woche die Feldsperlinge für mich. Ein Dutzend Graue, die das Gelände unter der Hecke für sich beanspruchten, sind gern dort jeden Morgen. „Säuts! Säuts! Säuts!“ klingen die Dankesrufe, wenn wir mit dem Haferkrug kommen. Und sobald wir verschwinden, geht der Hafer-Jan los*). Wobei die Sperlingsburschen mit braunen Helmen und schwarzer Kriegsbemalung wissen, wie man superweite Sprünge ohne Flügelnutzung macht, nahezu am Boden. Hier gäbe es einige Forschungsgelegenheiten für unsere Weitspringer. Aber es stellt sich heraus, dass es nicht nur Spatzenkämpferburschen waren, sondern auch Mädchen. Anders als bei den Haussperlingen sehen sich die Feldsperlinge ziemlich ähnlich. Bei den Haussperlingen haben nur die Männchen einen herrlichen braunen Federhelm.
*) kaera-jaan, estnischer Volkstanz, wohl jedem dort ein Begriff. Drei Aufführungsbeispiele:
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Reif auf einer Torfgränke (Chamaedaphne calyculata)
Pflanzengeschichte: Waldreichtum
Einst nahm ein Mann seine Axt und ging in den Wald. Er kam zu einer Birke, die Birke sprach: „Ich werde Dir süßen Saft geben, auf dass Du zu trinken hast“. Der Mann ging zur Erle, die Erle sprach: „Ich gebe Dir rote Farbe für Deine Lederschuhe.“*) Der Mann ging zur Esche, die Esche sprach: „Lass mich wachsen, ich werde für gute Werkzeuge genommen.“. Die jungen Fichten und Kiefern sprachen: „Nicht umschlagen, wir sind noch so jung, lass uns wachsen, dann wirst Du ein Haus haben“.
*) pastlad, eine besondere Art Lederschuhe aus einem einzigen Stück Leder hergestellt und mit Bändern gebunden, heutzutage meist nur noch zur Tracht getragen: http://etv.err.ee/?0562181
Zitat:
Wo die Torfgränke wächst, sind Quellen und Wasseradern in der Nähe und dort kann ein Brunnen gegraben werden.
Übersetzung: Liis und Leonia