Dohle
22. Januar
Die Umstände brachten es mit sich, dass ich einige Tage lang zu Fuß unterwegs war und keine weiten Vogelbeobachtungstouren unternehmen konnte. Ich schloss mich mit Mariliis Märtson und Tarmo Teppe zusammen, und wir inspizierten die nähere Umgebung von Tartu. Am Morgen wendeten wir uns zunächst dem Kanal der Wasseraufbereitungsanlage von Tartu zu, wo vor einigen Tagen ein
Eisvogel (
Alcedo atthis) und eine
Bachstelze (
Motacilla alba) gesehen worden waren. Leider konnten wir sie diesmal nicht finden, aber zwischen den Enten sahen wir zwei
Krickenten (
Anas crecca), und die Entenschar wurde hier von 2
Seeadlern (
Haliaeetus albicilla) und einem
Habicht (
Accipiter gentilis) schikaniert. Auch dies sind interessante Geschöpfe.
Die Deponie von Aardlapalu ist inzwischen abgedeckt und die örtliche Population an Dohlen und Krähen hat abgenommen. Im Bereich der Sortieranlage fanden sich weniger als 500 Dohlen und Krähen, eine erheblich kleinere Zahl verglichen mit früher. Damals konnte man 4000-5000
Dohlen (
Corvus monedula) gleichzeitig sichten, einmal wurden hier sogar 9000 Dohlen gezählt. Wenn die Abfallentsorgung hier einst geräumt wird, dann wird es letztlich auch weniger Dohlen und Krähen in der Stadt selbst geben. Man kann bereits ein Auto mit mehr Zuversicht unter Bäumen am Rande eines Parks abstellen. Aber rund um den Barclay-Platz, wo Tausende von Dohlen die Nacht verbringen, ist es immer noch nicht zu empfehlen, ein Auto über Nacht stehen zu lassen. Am Morgen kann es gleichmäßig bräunlich sein und nicht alle Autowaschanlagen akzeptieren ein gründlich bespritztes Auto zum Waschen.
Die aufregendsten Funde des Tages kamen jedoch von Haaslava. Hier ist der Bereich des Flusses Mõra zwischen dem Staubecken und den Fischteichen stets eisfrei und an der Brücke der Kurepalu-Straße haben beinahe jedes Jahr
Wasseramseln (
Cinclus cinclus) überwintert. Auch heute ist eine hier. Aber die Aufregung wird heute nicht durch die Wasseramsel hervorgerufen, sondern durch eine
Singdrossel (
Turdus philomelos), die im Gebüsch am Flussufer überwintert hat. Sie ist ein seltener Überwinterer in Estland, nur wenige Wintersichtungen sind bekannt. Mariliis und Tarmo können neue
Winter-Punkte festhalten, und bei mir ist die Singdrossel die
98. Vogelart auf der 2012er Liste. In Haaslava fanden wir auch 7
Singschwäne (
Cygnus cygnus), und es sieht so aus, als ob sie bis zu diesem Winter in Tartumaa noch nicht überwintert hätten.