Wir müssen jedes Jahr über den Kartoffelkäfer sprechen
Text: Urmas Tartes
Fotos: Arne Ader
Übersetzung ins Englische: Liis
Übersetzung vom Englischen ins Deutsche: Brit
Kartoffelkäfer Kartulimardikas oder wie ursprünglich, koloraado mardikas Leptinotarsa decemlineata
Der Käfer ist bis zu 10 mm lang, leuchtend gelb/orange mit braunen Streifen bedeckt. Die wirksamste Vorbeugung ist den Käfer und die Larven mit der Hand zu entfernen und die orangenen Eier auf den Pflanzenblättern zu zerdrücken; zum Besprühen kann man einen umweltfreundlichen Basilikum-Extrakt verwenden.
Am 12. Oktober 1492 überraschte Columbus die Bewohner der Bahamas, dass sie ab sofort Untertanen des spanischen Königs seien. Natürlich durfte so eine Unverschämtheit der Eindringlinge von den Ur-Einwohnern nicht ungestraft bleiben.
Es dauerte etwas weniger als vier Jahrhunderte bis die Eindringlinge, die aus Amerika geschickt waren, zum ersten Mal die europäischen Küsten erreichten. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten die Eindringlinge ganz Europe erobert. Und die Eroberung fand ohne einen einzigen Gewehrschuss statt, unterstützt durch die Europäer selber.
Intelligente Kriegslist
Zuerst wurde, ungefähr ein halbes Jahrhundert nach den Eroberungen eine Aktion gestartet die Europäer abhängig von der Kartoffelpflanze der Inkas in Peru und Bolivien zu machen. Der Anfang war zäh. Die ersten Berichte vom Kartoffelanbau als Nahrung kam Ende des 16. Jahrhunderts aus Spanien. Doch es dauerte noch einige weitere hundert Jahre bis die Kartoffel über ganz Europa verbreitet wurde, denn die Pflanze mit dem oberirdischen giftigen Teil wurde mit Vorurteilen behandelt. Doch dann war die Ernte so gut, dass die Kartoffel zur wichtigsten Nahrungspflanze der gesamten Bevölkerung wurde. Die Kartoffel produzierte viel stabilere Renditen als zum Beispiel Weizen und wurde nicht von nassen Sommern beschädigt. Zum Beispiel lag in Irland Anfang des 19. Jahrhunderts der Anteil der Kartoffel in der Nahrung bei 80%.
Mit Hilfe des Kartoffelanbaus wuchs die europäische Bevölkerung und die industrielle Revolution fand statt. Nach Nord-Amerika wurde die Kartoffel von europäischen Einwanderern gebracht. So war der Grundstein für die Ausbreitung des Eroberers mit dem gestreiften Anzug gelegt.
Der gestreifte Eroberer
1824 hat der Insektenkundler Thomas Say eine neue gelbe, schwarzgestreifte Käfer Art beschrieben, die in den amerikanischen Rocky Mountains von einer wilden Art der Nachtschattengewächse oder der Solanaceae-Familie gesammelt wurden. Als der Käfer 1867 in großer Anzahl auf einem wilden Nachtschattengewächs in Staat Colorado gefunden wurde, wurde er als Colorado-Käfer bezeichnet. Tatsächlich ist es wahrscheinlich, dass das ursprüngliche Zuhause des Kartoffelkäfers in Mexiko liegt, doch zu dieser Zeit hat kein Insektenforscher in Mexiko Ermittlungen nagelstellt.
Jedenfalls hat niemand eine Verbindung zwischen dem Käfer und dem Kartoffelanbau als Nahrungsmittel vermutet, denn alle bisherigen Funde waren an Wildpflanzen gewesen. Doch als die europäischen Einwanderer, die Amerika besiedelten die Kartoffel in großem Stil anbauten war das Tor für den Kartoffelkäfer zu den Häfen der Ostküste und von dort per Schiff nach Europa geöffnet.
Zuerst wurde der Kartoffelkäfer 1859 in einem Kartoffelfeld im Staat Nebraska entdeckt. Das Insekt hatte die amerikanische Ostküste 1874 erreicht. Der erste dauerhafte Bestand wurde 1922 in Frankreich gefunden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg breitet sich der Kartoffelkäfer rasch über ganz Europa aus und hat heute auch Asien erreicht.
In Estland wurde der Kartoffelkäfer das erste Mal 1965 gefunden. Dann hoffte man, dass die einzelnen gelegentlichen Vorkommen in der Winterkälte erfrieren würden. Am Anfang traf das zu, doch jetzt ist der Kartoffelkäfer ein permanenter Einwohner in Estland. Offensichtlich haben die milderen Winter und heißen Sommer dazu verholfen.
Gründlicher Fresser
Die Larven des Kartoffelkäfers verbringen den Winter in der Erde unter dem Schnee. Im Frühjahr legen die Käfer ihre Eieransammlungen auf den Kartoffelblättern.
Ein Käfer kann bis zu 800 Eier ablegen. Sowohl die Käfer als auch ihre Larven fressen Stängel und Blätter der Kartoffelpflanze. Wenn die Käfer zahlreich auftreten können sie die ganze Kartoffelernte vernichten. Zusätzlich zu Kartoffeln fressen sie manchmal auch Tomatenpflanzen.
Heute sind die Käfer resistent gegen alle gängigen Insektizide. Die Rache der amerikanischen Natur auf die europäischen Eroberer war hart und wirksam. Die Erträge der wichtigsten Nahrungspflanze sind jedes Jahr gefährdet.
In ihrem Heimatland in Mexiko frisst der Kartoffelkäfer keine Kartoffelpflanzen, sondern ernährt sich wie vorher von seinen ursprünglichen Nahrungspflanzen, den wilden Nachtschattengewächsen.
In Jõgeva gibt es Kartoffelkäfer in Gärten, berichtet Vello Keppart.
Die jungen Naturliebhaberinnen Hanna und Eliise haben gestern in ihrem Garten in Räpina Kartoffelkäfer gefunden. Ihr Vater half ihnen ein Foto zu machen.
Foto von Kaido Einama