Alam-Pedja Geschichten: Weihnachten auf dem Jõesaare Bauernhof

Gespräch mit Helgi Velja auf dem Jõesaare Bauernhof: Pille Tammur
und Arne Ader
Fotos: Arne Ader
Übersetzung ins Englische: Liis
Übersetzung vom Englischen ins Deutsche: Brit
 
Am Ende des Weihnachtsmonats gingen wir die Herrin des Jõesaare Bauernhofes, Helgi, besuchen. Es ist ein Ausflug in eine einsame Ecke von Estland – der nächste Laden an der Laeva Kreuzung ist 15 km von hier entfernt! Die frühere kürzere Route, die am Ufer des Emajõgi entlang nach Reku führte, von dort mit dem Floß über den Fluss und dann weiter nach Puja ging, existiert heute nicht mehr. 
 
Die Straße von Palupõhja nach Jõesaare
 
Die Straße von Palupõhja nach Jõesaare ist mit etwa zwanzig Zentimeter Schnee bedeckt. Es fällt sogar noch mehr Schnee und es neigt zu Schneeverwehungen. Als wir ankamen meinten wir bis ans Ende der menschlichen Welt gereist zu sein – wo, wenn man noch weiter geht, einem Menschen zu begegnen sehr selten ist.
Doch am Ende der Welt steht ein hübscher Weihnachtsbaum am Fenster, es stehen Pfefferkuchen auf dem festlich gedeckten Tisch und eine große Kanne mit Kaffee! Und auf der Fensterbank, neben dem Tisch, schaut eine Geranie hinaus in den Hof wie es in einem richtigen Bauernhof Haushalt sein soll. 
 
Jõesaare Bauernhof
 
 
Wie alt ist der Bauernhof?
Ich kann von 130 Jahren sprechen, mehr weiß ich nicht. Früher gab es an dieser Stelle eine Dresch-Scheune.
Sind Sie hier aufgewachsen?
Ja. Die Zuhause von meinem Vater und meiner Mutter waren an verschiedenen Ufern des alten Flussbettes. Hier lebten meine beiden Großväter und Großmütter. Und meine Mutter. Der Vater fiel im Krieg bei Velikje Luki.
Wie war die Weihnacht in ihrer Kindheit?
An Weihnachten passierte es immer, dass Mutter mich bat, etwas von Großvater und Großmutter zu holen. Und wenn ich zurückkam, war der Weihnachtsbaum da,  wunderschön dekoriert. Die Dekoration waren in der Regen Zwiebel Äpfel. An manchen Jahren hingen auch Süßigkeiten am Baum, doch das war schon Luxus. Oder vielleicht auch Pfefferkuchen. Mit den Süßigkeiten war es so, dass diese über einen langen Zeitraum gesammelt und für Weihnachten aufgehoben wurden.
Der Weihnachtsbaum hing an einem Nagel befestigt von der Decke. Der Nagel ist immer noch in der Decke.
Gab es auch Weihnachtsgeschenke?
Nicht zuhause. Aber Großmutter hatte immer ein Paar Handschuhe oder Socken gestrickt.
Waren die Zwiebel Äpfel zur Weihnachtsdekoration aus Ihrem eigenen Garten?
Früher hatte hier niemand Apfelbäume, denn an den Flussufern fraßen die Wühlmäuse all die Wurzeln der Bäume.  Mein Großvater hat einen Apfelbaum 15 oder 20 Jahre gepflegt, bevor dieser soweit war, Früchte zu tragen. Aber später pflanzte Mutter Apfelbäume mit Glasscherben und Konservendosen an den Wurzeln. So fingen diese an zu wachsen. Oder, was weiß man – vielleicht wurden die Wühlmäuse weniger.
Die Wühlmaus-Geschichte lässt die Frage stellen – wie sind die Beziehungen hier zu Bibern?
Um Biber von den Bäumen wegzuhalten habe ich die Reste aus alten Farbdosen genommen  und malte die Stellen an, wo Biber am Stamm genagt haben. Dann lassen sie die Bäume in Ruhe. Jede Farbe funktioniert, Hauptsache sie riecht!
Teeröl funktioniert auch. Was mir auch aufgefallen ist – Biber mögen keine schwarzen Johannisbeeren. Wenn man Zweige von schwarzen Johannisbeeren auf den Weg pflanzt, mögen sie nicht mehr kommen,
Aber die schönen bunten Bienenstöcke im Garten – kommen Bären um diese zu untersuchen?
Im Moment habe ich nicht mehr als fünf Bienenkolonien und ich möchte nicht mehr, denn ich möchte keine Leckereien für die Bären herstellen. Das letzte Mal, als es passierte war 2005, als ein Bär die ganze Reihe Bienenstöcke geleert hat. Früher hatte jeder Bauernhof seine eigenen Bienen, mindestens 10. Honig wurde vor allem gegen Mehl für Brot getauscht.
Jetzt, wo ein großer Teil der früher durch Überschwemmungen gefährdeten Wiesen mit Sträuchern überwachsen ist, von welchen  Blüten bringen die Bienen ihre Ernte für ihren Honig?
Mein eigentlicher Honig kommt vom Faulbaum, das ganze Dickicht ist voll davon. Wenn der Faulbaum ca. zwei Jahre alt ist, beginnt er zu blühen. Er blüht über den ganzen Sommer. Im Riedgras  gibt es eine große rosa Pflanze – Blutweiderich – das ist auch eine gute Honigpflanze.  Und die Flockenblumen und nach der Maat auch das Heidekraut.
Was hält sie an Alam-Pedja? Die reiche Natur oder stattdessen irgendetwas ganz anderes?
Mein Arbeitsleben habe ich woanders verbracht – sowohl auf dem Land als auch auf See. Ich kam 2003 zurück – als die Gesundheit meiner Mutter nachließ. Die Natur hier ist für mich ganz normal. Eher reizt die Freiheit hier: du kannst machen was du willst und wann du willst …
Doch auch die Tiere merken, dass hier Freiheit ist. Die Laeva Jäger hatten eine Jagderlaubnis und gingen 2 Wochen lang herum auf der Suche nach einem Bären. Es gab keinen Bären. Die Erlaubnis blieb ungenutzt. Ich kam aus dem Dorf nachhause – ein Bär läuft im Birkenstand, wumm, wumm, wumm. Läuft vor mir her, sehr groß und schwarz. Schaut mehrmals über seine Schulter zurück, als wolle er sagen, wer immer bist du dort! Er hat auch seinen Nutzen. Danach versteckten sich die Wildschweine zwei Wochen lang: keine Sorge, dass sie zum Wühlen auf die Farm kämen.
 
Weihnachtstisch bei Jõesaare. Unterhaltung, Herrin vom Mikako Bauernhof, Pille Tammur (left), und Herrin vom Jõesaare Bauernhof Helgi Velja
 
Siehe Arnes Fotos von Alam-PedjaLINK
 
Die Veröffentlichung  der Alam-Pedja Geschichten im Looduskalender werden unterstützt von Keskkonnainvesteeringute Keskus, Estnisches Umweltinvestitionszentrum (KIK).


 

EST EN DE ES RU  FORUM

       

Nachrichtenarchive