Übersetzung ins Englische: Liis
Vom Englischen ins Deutsche: Leonia
Wühlmaus bewundert Giftpyramide
7. November
Der Gartenwerkler geht hinaus und was sieht er – die Wühlmaus hat drei kleine rosa Pyramiden aus ihrem Bau herausgeschaufelt. Die gleichen kleinen Pyramiden, die der Gartenwerkler gestern so mühsam in ihre Gänge hat hineingleiten lassen. Es war ein Stück Arbeit, alle Gänge zu finden, um überall die Giftrationen einzubringen. Ja, was soll man dazu sagen? Offenbar ist die Wühlmaus, abgesehen von ihrem unglaublichen Fleiß, auch klug. Der Gartenwerkler seufzt und ist nahe daran, sich mit der scheinbar unvermeidlichen Tatsache abzufinden, dass es nicht lange dauern wird, bis er in die Tiefe fällt, in den Matsch eines durch die Wühlmaus gegrabenen Ganges.
Daraufhin nutzt der Gartenwerkler die letzten verbleibenden Augenblicke, holt die Harke heraus und beginnt, die Kastanienblätter zusammen zu rechen. Interessant, denkt er sich, gelbe Kastanienblätter sind so viel einfacher zusammen zu harken als die grünen. Er kann nicht feststellen, ob dieser Unterschied an der Farbe liegt oder am Umstand, dass die einen am Boden sind und die anderen am Baum.
8. November
Am frühen Morgen hat die Katze den ersten Maus-Kadaver dieses Herbstes zum Vorleger an des Gartenwerklers Bett getragen. Aber die erste Maus macht noch keinen Herbst.
9. November
Ein Wecker läutet. Ich frage mich, wie spät es ist? Ich weiß es nicht und kann es nicht wissen. Es gibt keine genaue Antwort auf diese Frage, wie spät es ist. Denn dann wird es bereits gänzlich anders sein. Ganz so, wie es unmöglich ist, die Frage danach, wo ich bin, genau zu beantworten. Ja, wo bin ich – wo ist der Kopf oder der Fuß, oder der Bauch oder der Bauchnabel? Noch schlimmer – es ist auch unmöglich zu beantworten, wieviel ich wiege. Weil mein Gewicht in jedem Augenblick ein anderes ist!
11. November
Czesƚav Miƚosz räumt ein: „Es scheint als ob der Schöpfer, an dessen ethischer Motivation die Menschen zu zweifeln gelernt haben, in erster Linie von dem Wunsch geleitet wurde, dass die Dinge so interessant und amüsant wie möglich sein sollten.” Im Garten gibt es derzeit eine Menge Unterhaltung. Das heißt, es passiert dort nichts. Interessant – warum eigentlich?
12. November
Ich las in einem Versandkatalog, dass man smarte Pflanztöpfe erfunden habe. Eine Pflanze, die in einem solchen Topf wächst, muss nicht gegossen, gedüngt oder anderweitig gepflegt werden, wird versprochen. Alle Pflege wird von den Sensoren im Topf übernommen, einem Chip und einer speziellen Software. Es wird nicht gesagt, ob der Anblick einer solchen Pflanze ebenfalls von einem Sensor wahrnommen wird. Interessant sich vorzustellen, dass in Bälde – oder fernerhin – es auch smarte Gärten geben wird. Um sie muss man sich in keiner Weise kümmern. Dort wird alles durch Automaten, Roboter und Rechnerleistung erledigt.
Aber haben wir nicht bereits seit Ewigkeiten smarte Gärten? Man nennt sie Urwälder.
Und noch ein wenig länger, und es wird smarte Babies geben. Um die sich niemand mehr kümmern muss.
16. November
Im Garten herrscht Verwirrung. Es ist warm, gerade so als ob eine örtliche Erwärmung stattfände. Es gibt ohnehin bereits viele Argumente zur Globalen Erwärmung, aber die lokale im Garten kann ziemlich genau gemessen werden. Einige einsame Ringelblumen blühen. Die Wühlmäuse erfreuen sich des ungefrorenen Bodens. Die Kastanie lässt ihre letzten Blätter zu Ehren des klarblauen Himmels fallen. Wie fühlen sich die gefallenen Blätter? „Lebendigkeit zeigt sich nicht allein in der Fähigkeit auszuharren, sondern in dem Vermögen, wieder von vorn beginnen zu können.” Francis Scott Fitzgerald, der amerikanische Autor des „Jazz-Age” wusste dies genau.