Vierte Januarwoche: der Winter ist nicht im Himmel geblieben

Text: Kristel Vilbaste, loodusenaine@hot.ee
Fotos: Arne Ader
 
Morgens vor der Winter-Seeadler-Kamera: Seeadler sitzen auf verdorrten Kieferästen
 
In Kürze: der juvenile Sperling kauert auf einer Ecke des Vogelfutter-Häuschens, den Bauch direkt auf den Boden gepresst und die Füße unter dem Bauchgefieder versteckt. Der Feldsperling ist aufgeplustert und rund – ein richtiger Federball. Ich zähle die Federbälle. Nur fünf von ihnen?
 
Die vier Wetterzeichen dieser Woche:
des Marders Bienenstock-Überfall,
Tumulte vor der Adler-Kamera,
rotgoldene Birken
und rund zwanzig Grad Kälte.
 
Tatsächlich, gestern noch hatte ich ein Dutzend Sperlinge hier an meinem „Frühstücksbuffet‟. Wo sind sie hin? Nun, nach dem gestrigen Kälteeinbruch schüttete ich ein Ration Sonnenblumenkerne in das Futterhaus und als ob sie es gerochen hätten, fliegen fünf Grünfinken ein, sie wühlen und graben im Häuschen, der ganze Balkonboden ist voller Samen. Es scheint, als ob meine gewohnten Freunde, die Feldsperlinge, solche Unordnung nicht lieben. Die Kohlmeisen scheinen sich nicht besonders an den Neuankömmlingen zu stören, sie etablieren bald ihre eigene Ordnung im Haus, und die Grünfinken werden in die Mirabellen-Hecke vertrieben. Die rote Sonne steigt still immer höher, der rote Glanz auf dem kalten Schnee wandelt sich in ein warmes und frühlingshaftes Gelb ... und plötzlich ist die Hecke oben mit etwas gefüllt wie kleinen braunen Äpfeln. Ich nehme mein Fernglas und schaue ... Oh, jetzt sind es bereits 25 Grünfinken. Aber der Schwarm kommt nicht näher ans Haus, sie genießen vermutlich die Wohltat der warmen Sonne in den Baumkronen. Ja. Die Sonne wärmt bereits und ihre Wärme ist nicht etwa eine trügerische Illusion der Kälte, sondern echte Wärme. Und plötzlich ist dieser gesamte gelb-grüne „Vogelhaufen‟ auf dem Boden meiner Veranda. 4-5 Vögel, die Parteiführer, sitzen im Futterhaus, streiten untereinander, die Schnäbel verärgert weit offen und sie schimpfen, ein größerer hackt gar mit dem Schnabel nach einem anderen. Glücklicherweise verteilt dieses Schlagen und Flattern mit Flügeln und Schwanz auch dieses und jenes auf dem Balkonboden und der Rest der Gesellschaft bekommt einen rechten Schnabel voll ab. Nun kommen zwei Feldsperlinge und verlangen ihren gerechten Anteil, schaffen aber es nur mit sachtem Stubsen und Drängeln, sich seitlich in das Futterhäuschen zu zwängen. Die Nerven der Kohlmeisen versagen endlich und sie fliegen ums Hauseck herum zum Meisenknödel. Solche Kunstflüge sind für die Finken zu kompliziert. Dann trifft plötzlich eine Art Botschaft ein und der ganze grün-gelbe Haufen erhebt sich im Fluge und flüchtet gemeinsam in Richtung der Wohnblocks. Vielleicht wird dort etwas Besseres angeboten?
 
Der Feldsperling hat sich in einen pludrigen Federball verwandelt! Es ist kalt ...
 
Pfeifender Kleiber
Jedenfalls bekomme ich bei der Beobachtungs dieses Spieles ein Viertelhundert Vögel für den Gartenvogel-Beobachtungs-Fragebogen der Estnischen Ornithologischen Gesellschaft dieses Wochenendes zusammen, sonst wäre das Ergebnis recht mager ausgefallen. Die Fettstücke auf dem Balkon sind zur Neige gegangen und nun kommen noch nicht mal mehr die Elstern, um „Masse zu machen‟. Am Samstag versuchte ich, in Kütiorg in Võrumaa ebenfalls einige Gartenvogel-Beobachtungen zu machen, aber selbst mit in der Kälte von den Ohren weggeklappter Mütze konnte ich nicht mehr als zwei Vögel auf dem Wald-Gehöft finden. Dennoch! Diese zwei waren Kleiber, sich gegenseitig messend, ihre Querelen untereinander erinnern ernstlich an die Frühlingsbeschäftigung. Und wahrhaftig, Vogelbeobachter haben bereits Frühlingslieder von Kohlmeisen und Blaumeisen gehört und das Pfeifen der Kleiber. In Võrumaa ließ sogar eine Weidenmeise ein fröhliches „Tä-tää“ hören.
 
Bussard
Auch die Rabenbande vor der Seeadler-Kamera wurde unerwartet herzensseelig in dieser Woche eisiger Kälte. Das Mikro übertrug ihr frühlingshaftes „kron-kronk“ und einige der Schwarzkittel schnäbelten ununterbrochen miteinander. Zwei Bussarde ließen sich auch vor der Kamera blicken, sie schienen ziemlich ausgehungert zu sein. Es war wirklich schmerzlich zu sehen, wie die Krähenbande sie ärgerte. Hinter dem Rücken des an einem Fisch nagenden Greifvogels waren ständig drei Krähen und zogen ihn an den Schwanzfedern. Und wenn der Bussard Anstalten machte, einen der Störenfriede zu treffen, gelangten die verbleibenden zwei Krähen an das Futter und verschlangen einige Schnäbel voll abgelöster Stücke. Die Adler waren hauptsächlich zu Anfang der Woche im Kamerabild zu sehen. Nach Meinung von Wettermann Gennadi Skromnov wurden die Jungadler danach vom Reisefieber gepackt und zogen davon, um zu sehen, was es anderswo auf der Welt zu sehen gebe.
 
Die Rohrkolben öffnen sich: die mit feinem Flaum versehenen Samen warten nun auf einen Sturm
 
Angst von den Wölfen im Wald
Vor der Wildschwein-Kamera war es Ende vergangener Woche verhältnismäßig ruhig. Ein Wolfsrudel soll in der Nähe einen Jungelch geschlagen haben, das zwingt die Wildschweinrotte zur Vorsicht und sie traut sich nicht, zu häufig in der Öffentlichkeit aufzutauchen. Beim Skifahren sieht man im Wald riesige Fährten-Muster im Schnee. Das „Papier‟, vom Schneesturm blank gefegt, ist dicht mit Spuren überzogen. Es gibt unglaublich viele Marderfährten. Allerdings sind auch einige Fuchspfade zu sehen, es sind noch nicht alle an Würmern und Räude eingegangen. In Kütioru sah ich wie ein Marder mit einem Satz von der Spitze eines Baumes auf dem Dach eines Bienenhauses landen, dann eine Runde um den Stock machen, und durch das Einflugloch schielen . . . Zum Glück war es ein leerer Bienenstock. Mein Bruder musste jedoch einem Iltis Eskorte bilden. Der Iltis war in einen Getreidebehälter direkt vor dem Hühnerstall gefallen. Was konnte man tun, als das Geschöpf zu einem alten Gehöft in einem unbewohnten Gebiet zu schaffen, wo es ein besseres Leben haben sollte.
 

Estlands Quellen:  Suurearu-Quelle
Südlich von Rapla, etwa einen Kilometer entlang der Järvakandi-Straße und dann einige hundert Meter auf der rechten Seite am Rande eines Sammelgrabens liegt die Suurearu-Quelle, wohin viele Leute aus Rapla gehen, um ihr Trinkwasser zu holen. Die Quelle wurde mit einer Betoneinfassung umgeben. An Feier- und Jahrestagen dekorieren die Besucher der Quelle sie mit Kerzen und Blumen. Die Besucher knüpfen meist keine Kontakte untereinander, sondern sind gegeneinander sehr zurückhaltend. Mikk Sarv sagt: „Ich fand den Weg zur Quelle durch den Autor Andres Ehin,, als er bei einem Bibliotheks-Vortrag in Rapla den Lesern Quellwasser anbot. Zum Spaß übersetzte er den Namen der Quelle auch ins Englische: Quelle der überragenden Intelligenz.“ Das Wasser der Suurearu-Quelle hat einen frischen und reinen Geschmack. Außer dem schmackhaften Wasser genießt der Besucher auch einen angenehmen Wald-Spaziergang.

 
Hasenfährte auf Seggen-Hügeln
 
ZITAT:
Der 2. Februar, Mariä Lichtmess (Küünlapäev), ist ein Frauen-Feiertag. Den Frauen wird mehr freie Zeit gewährt, auf Besuche zu gehen, an manchen Orten auch in Wirtshäuser, um einen Schwatz zu halten. Die Männer haben die Hausarbeit der Frauen zu erledigen.
 
Empfehlung:
Erhitzen Sie die Sauna mit Laubholz. Eine besonders gute und rauchfreie Sauna erhält man mit Birken- oder Erlenholz. Eine Volksweisheit aus Võrumaa besagt, dass man für die beste Sauna mit Apfelholz heizt.
 
 
Übersetzung: Liis und Leonia


 

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