Vierte Februar-Woche: Tauwetter-Sturm brachte Lerchen mit!

Text: Kristel Vilbaste, loodusenaine@hot.ee
Fotos: Arne Ader
 
Die Wasseroberfläche der Flüsse wird sichtbar. Fluss Suur-Emajõgi in Palupõhja
 
Halb acht. Die Sonne steigt empor aus gräulichem Dunst, verteilt ihre ersten Strahlen über die Bäume. Von irgendwoher taucht ein Schwarm Grünfinken auf, die erste Wacholderdrossel des Jahres hüpft durch den Schnee. Plötzlich werden die Vögel aufgeregt, die Drossel schimpft wütend gegen ein weißes Gespenst ...
 
Die vier Wetterzeichen dieser Woche:
Drosselausflüge ins Inland,
Birkhuhnkollern,
erste Lerchen
und das Getröpfel von Schmelzwasser.
 
 
Das Gespenst ist nichts anderes als das Mauswiesel (Mustela nivalis), dass umgezogen ist, um in unserer Garage zu wohnen. Das Gerenne dieses kleinen Wiesels unter unserer Hecke gerät mehr und mehr zur Posse. Hops und es ist in einem Busch, dann wieder zehn Meter weg. Manchmal scheint es mir, als seien dort zwei dieser kleinen Geschöpfe. Denn eines, dass ich des Morgens beim Zurückziehen der Vorhänge am Fenster sah, das auf dem Kamm der Schneewehe unter der Dachtraufe entlang lief, war ein klein wenig grauer – als ob es durch einen Aschehaufen gelaufen war – und ein wenig größer. Dieser Vogel-Schreck drüben im Gebüsch war strahlend weiß wie zuvor, und schelmisch. Wieselspuren sind faszinierend – winzig, wie die Abdrücke einer kleinen Katze mit Pfoten von Fingerspitzengröße. Im Schnee auf dem Hof sind es paarige Punkte mit menschengroßen Abständen dazwischen, im Schnee an der Garagentür ein zertretenes Gewirr kleiner Punkte. Der Körper des Wiesels ist ebenso der Bewunderung wert, es ist eine lange weiße und pelzige Wurst mit winzigen Beinchen daran, und dieser Körper spring nicht, sondern windet sich, schlangenartig, von einer Schneewehe zur nächsten. Mein Bruder rät mir, eine Steinmauer zu erreichten. Ich bin mir nicht ganz sicher, wie das in das städtische Umfeld hier passt, aber das Verspielte der Wiesel unter meinem Fenster zeigt tatsächlich, dass bald Nachwuchs eintreffen wird.
 
Junge Wildschweine messen ihre Kräfte
 
In der Küche erwacht die Natur
Das Tauwetter der letzten Woche setzt auch das Blut der Menschen in Bewegung. Sie kennen dieses frühlingshafte Drängen, nachzusehen, was mit dem Ferienhäuschen geschehen ist? Sind die Gartenbeete unter der Traufe bereits schneefrei? Und kann man bereits irgend etwas tun? Eigentlich sind die dortigen Aufgaben noch recht wintermäßig, es könnte Strauchwerk beschnitten und Holz gehackt werden. Und die Überwinterung des Bienenstocks könnte inspiziert werden. Und ja, die ersten der Wintertoten sind bereits in den Schnee gefallen. Die Pflanzenwelt erwacht in der Küche und der Speisekammer und auch im Keller – Kartoffeln haben kleine knubbelige Sprossen, Zwiebeln im Korb strecken lange grüne Triebe empor. Unser letzter Kürbis kam am Mittwoch nieder und gebar eine Wasserpfütze aus seinem Inneren auf den Boden. Wir akzeptierten die frühlingshafte Geburt, Nachwuchs mit hübschen grünen Samenblättchen waren darin. Sechs von ihnen erhielten eine Babywiege – sie wachsen in Anzuchterde heran. Aotäht hat nicht vor, wegen Löhnen in Streik zu treten* und hat versprochen, gut auf den Nachwuchs aufzupassen. 
* [In Estland streiken Lehrer für höhere Bezüge]
 
Die Hauptwelle der Lerchen und Kiebitze
Das Leben in den Wäldern und Mooren ist ebenfalls voll Spannung. Alle Geschöpfe beginnen, aus ihrem Winterschlaf zu erwachen. Der Gesang der Meisen erreicht Höchstwerte, bei Tauwetter versucht am Morgen jedes gelbgefiederte Bäuchlein, höher als die anderen in die Zweige hinauf zu klettern, um seine Manneskräfte von dort zu verkünden. Falls Sie planen, eines dieser jubilierenden Hähnchen im eigenen Garten haben zu wollen, dann ist es jetzt der rechte Zeitpunkt, einen Nistkasten zusammenzubauen. Alle Arten von Spechten beginnen nach und nach ihre Trommeln in Gang zu setzen. Enn Vilbaste erzählt, dass in Pärnumaa die Birkhühner in den Birkenwipfeln auf Birkenknospendiät sitzen und dass morgens bereits ein verhaltenes Kollern von den Balzplätzen zu hören ist. Pille Tammur machte einen Ausflug nach Alam-Pedja und versicherte, dass mindestens an zwei Stellen bereits der Beginn der Birkhuhn-Balz zu hören war und dass auch die Seeadler voll Erwartung riefen. In den Mooren ist auch die Balz der Raben in vollem Gang. Vogelbeobachter Matti Martinson von der Sõrve Vogelstation verkündete, dass die ersten Feldlerchen mit dem Sturm am 23. Februar eintragen und – unmittelbar nach den Feiertagen* –  auch die ersten Kiebitze.
* [24. Februar: Estlands Nationalfeiertag]
 
Dohlen baden im Schnee
 
Steg im Moor
Die traurige Nachricht, dass die Staatliche Forstverwaltung, die die Verantwortung für die Pfade durch die Schutzgebiete von der Umweltschutzbehörde übernommen hatte, den Holzsteg im Koiti Moor, eines der interessantesten Moore Saaremaas, nicht erhalten kann, und dass man dorthin nur noch „auf eigene Gefahr‟ gehen kann. Auf unseren Naturpfaden mehren sich derartige Anzeichen, ich weiß nicht, ob aufgrund von Geldmangel oder wegen mangelndem Engagement, die Menschen zum Besuch der Natur zu bewegen. Auf jeden Fall seien Sie vorsichtig auf solchen Holzstegen, die seit zwei Jahren nicht mehr repariert wurde, es ist klüger, auf dem Moorboden zu laufen, als sich ein Bein beim Nachgeben eines morschen Brettes zu brechen.
 
Estlands Quellen:  Kave-Quelle
An der Straße von Tartu nach Viljandi vor Puhja, tief im Kalvilda-Urstromtal, befindet sich die heilige Kave-Quelle, wohin die Menschen aus Tartu gehen, um Trinkwasser zu schöpfen. In der Volkstradition ist Kave die Mutter der Welt, in der Kalevala ist sie die Mutter des magischen Sängers Väinämoinen. In Estland könnte dies die Quelle von Vanemuines Mutter sein. Zu der Quelle führt ein Weg; die Quelle selbst ist in Beton eingefasst, wo das reine Quellwasser aus einer Tiefe von einem Meter hervorsprudelt. Das Wasser der Kavilda-Quelle soll, so glaubt man, eine heilende Wirkung für Menschen, besonders für die Augen haben. In der Nähe der Quelle ist ein alter Hain mit sechs Linden. Der Naturlehrer Helle Kort, der jede Woche Wasser aus der Quelle holt, erzählt: „Kaika Laine riet mir, jeden Morgen ein Glas Wasser gegen übersäuerten Magen zu trinken; am Abend solle man Honig mit einem silbernen Löffel zugeben. Der Honig, Silberlöffel und das Quellwasser von Kave halten mich seit Jahren gesund.“ Vielen scheint vermutlich geholfen worden zu sein, denn der Pfad zur Quelle ist niemals zugewachsen und und viele Dankesgaben wurden dort gelassen.
 
Schneeballbeeren
 
ZITAT: In einem Jahr, in dem der Kerzenmonat (Februar) 29 Tage hat, haben die Mädchen das Recht, sich ihre Verlobten zu auszuwählen. Käina
 
Empfehlung: In einem Schaltjahr sollte man keine Gebäude zu bauen beginnen, oder nicht den Arbeitsplatz wechseln, es bringt nur Unglück. Aber in solche einem Jahr finden viele alte Jungfern Ehemänner, sie müssen nur selbst aktiv werden. Am 29. Februar, dem Geistertag, sind lange Fahrten nicht anzuraten, noch auswärtige Übernachtungen, denn sonst mag der Teufel einem die Seele davonstehlen.
 
Übersetzung: Liis und Leonia


 

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