Zweite Märzwoche: Frühlingsgesang der Tauwassertropfen

Text: Kristel Vilbaste, loodusenaine@hot.ee
Fotos: Arne Ader
 
Verschneite Landschaft im Gebiet von Otepää bei Karste. Die Schneedecke hier ist ungefähr einen halben Meter hoch und verharrscht.
 
„Plong-plong-plong!“ klopft der Regen an mein Fenster. Dann ist alles still. Große Schneeflocken fallen, so groß, dass man nicht einmal drei Meter weit sehen kann. Der alte Wetterkenner zögert: im Augenblick überwiegt Kälte, dann wechselt es wieder zu triefendem Frühling.
 
Empfehlung:
Es ist der letzte Zeitpunkt, um Ahornsaft zu sammeln. Der Saft, der in eine an einen abgebrochenen Zweig gebundene Flasche tropft, ist der süsseste. Ahornsaft vermischt mit Milch ist ein gutes Hustenmittel und vertreibt die Frühjahrsmüdigkeit. Wenn die mittlere Temperatur bei Tag und Nacht mindestens 4 Grad beträgt, ist es Zeit, Birkensaft zu sammeln. Der süsseste Birkensaft stammt von Birken, die an ziemlich hoch gelegen und trockenen Plätzen wachsen, aber der Zuckergehalt des Saftes wird nicht über 1% liegen. Eine gute Saft-Birke wird während des Frühlings 150-250 Liter Saft geben. 
 
Die vier Wetterzeichen dieser Woche:
Frühlingsruf der Möwen,
Ahornsaft-Eisstücke,
Pfützen auf der Straße
und Schneematsch nach dem Frost.
 
Überwinternde Stockenten. Das Weibchen rechts ist anders: an ihrem Hals sehen wir den weißen Ring, der für Männchen charakteristisch ist.
 
Die Stille dichten Nebels senkt sich in Wellen über Tartu, hüllt Bäume und Häuser in Nebel-Tücher. Die Spatzen, die noch gestern zur selben Zeit glücklich tschilpten sind ruhig. Was wird nun kommen, eine neue Schneewolke oder die versprochene Hitzewelle? Die Tauwasserpfütze, die eine starre Eisschicht trug, glänzt wieder, der Abfluss auf der Straße singt ein plätscherndes Frühlingslied. Oh ja, an der Spitze der Möhrennase der letzten hockenden Schneefrau* hängt ein Tropfen . . . tropf-tropf rinnt Wasser von der laufenden Nase des letzten Schneemannes* auf einen kleinen Eishuckel und . . . plumps, fällt die orangefarbene Nase auch dorthin. In der Tat, weiße Hüter des Schnees, es ist Zeit für Euch hinweg zu fließen – wegzufließen als Trinkwasser für durstige Felder und ruhende Blumen. In einem Augenblick werden sie erwachen und wachsen.
 
*) Im Estnischen ist der Schneemann normalerweise weiblich
 
Noch kniehoher Schnee
Aber die Schneehöhenkarte der Wetterstation http://www.emhi.ee/?ide=21,253 zeigt, dass in Otepää noch immer 47 cm Schnee liegen und die Schneewehen des Winters in Nordost-Estland und sogar um Pärnu herum noch da sind. Nur das Umfeld von Võru und den Inseln ist schnell fähig, bereits Löcher in seinem Schneefell zu tragen. Und obwohl es bereits zum zweiten Mal in diesem Winter Berichte aus Lahemaa über seltsames Hochwasser gibt, ist der Wasserstand der Flüsse noch friedvoll. Selbst die Vorhersage zum Frühjahrshochwasser von Soomaa auf Facebook wird in diesem Jahr nicht sehr heiß bzw. hoch gehandelt. Aber die Waldbäche und Flüsschen gluckern und sprudeln kräftig. Jedoch die Schneekruste an den Ufern ist hart wie Zement.
 
Die Schoten des ausdauernden Silberblatts (Lunaria rediviva) hängen über den Schneewehen.
 
Samtig-gehörnte Böckchen
Dieser verharrschte Schnee trägt einen Luchs und an manchen Stellen selbst ein Wildschwein. Mensch und Rehwild jedoch brechen ein bis zum Grund. Die Paarungstänze der Füchse und Wölfe sind vorüber und es gibt auch nicht so viele hungrige Füchse auf Mäusejagd auf den Feldern. Aber etwas geschieht im Wald, denn die Tiere sind aus menschlicher Sicht irgendwie zur falschen Zeit am falschen Ort. Eine Wildschweinrotte kann mit hohem Tempo über eine Straße rennen oder ein 6-köpfiges Rehwild-Rudel gemächlich sinnend eine Autobahn queren. Der einzige Bock im Rudel hat bereits langes und hübsch weich bepelztes Gehörn. Die Winterschläfer sollten sich in dieser oder der nächsten Woche bemerkbar machen, es ist an der Zeit.

Klüü-klüü-klüüüüü
Die energischsten Frühlingsgrüße kommen nach wie vor von den Spechten. Die Rufe des Schwarzspechts, lauter als alle anderen, hört man aus einem Kilometer Entfernung. Die Grauspechte rufen leiser, dafür umso hartnäckiger. Auch alle kleinere Spechte lassen ihr Getrommel ertönen. Pille Tammur war auf einer Frühlingswanderung am Rande des Laeva-Moores und beschreibt, wie in der großen Kälte der letzten Woche während der besten Balzzeit die Birkhühner in den Kronen der Birken hockten und froren: „Aber letztlich flogen sie auf ihre Balzplätze und machten ihre Kollerrunden.“ Eine Wacholderdrossel spaziert unter meinem Fenster, jeden Morgen exakt zur gleichen Zeit, spaziert um einen vereinzelten Schneerest und pickt nach etwas – mit dem Fernglas sehe ich, dass sie hin und wieder einen schlaffen, zentimeterlanger Happen in ihrem Schnabel hat. Irgendwelche Arten von Insektenlarben?
 
Das Rebhuhnvolk setzt seine Nahrungssuche in der Nacht fort: die letzten Winterwochen waren eine arge Tortur für sie ...
 
Zugvögel sind startbereit
Auch wenn die Schneeglöckchen hartnäckig versuchen, durch Schnee und Eis zu sprießen, und der Ahornsaft tropft, ist das gesamte Pflanzenreich noch gefroren. Nur an sonnenerwärmten Hängen kann man grüne Grasbüschel sehen, aber die sind auch unter dem Schnee grün. Daher ist es sicherlich zufriedenstellender, die ankommenden Zugvögel an der Küste zu beobachten. Große Schwärme von Finken sind bereits an der Wetterstation von Sõrve eingetroffen, und nein, es sind nicht nur die Schwärme der   überwinternden Grünfinken, die überall herumflöten, unter ihnen sind bereits Buchfinken. Der Kranich, der in Pärnumaa überwinterte, ist von seinen angestammten Feldern verschwunden, und die Vogelbeobachter erwarten die Ankunft der Kraniche in den nächsten paar Tagen. Dies ist der letzte Zeitpunkt, um Nistkästen für Stare und Meisen anzubringen. Aber es lohnt sich sicherlich noch, Nistborde für Schwalben zu fertigen, im Strudel der späteren Gartenarbeiten könnte dies in Vergessenheit geraten.
 
Estlands Quellen: Armuallikas
Die Armuallikas- oder Veriläte-Quelle (Quelle der Gnade bzw. Quelle des Blutes) ist eine der vielen Quellen des Pühajärve-Sees, aber eine größere und schönere als alle anderen, eine Quelle mit gleichmäßig hohem Ausstoß. Die Quelle liegt an der Ostseite des Pühajärve und am Wanderpfade, der rund um den Pühajärve führt, auf der Halbinsel Majakolgi. Insgesamt sind 18 Quellen am Pühajärve-See bekannt. Die Volksweisheit besagt, dass die  Armuallikas-Quelle ihren Namen von der Zauberkraft des Wassers habe, in der Mitsommernacht aus einem silbernen Becher getrunken soll es ein große und andauernde Liebe begründen. Daneben lindert das Wasser Schmerzen und macht kranke Menschen gesund. „Blut-Quelle“ wurde sie vermutlich wegen des hohen Anteils an Eisen in ihrem Wasser genannt.
 
Zitat: 
Kartoffelkörbe lassen sich am besten aus Weiden- oder gespaltenen Vogelkirschen-Zweigen machen. Ein Weidenkorb ist schwer, aber der aus der Vogelkirsche leicht und langlebig.
 
 
Übersetzung: Liis und Leonia


 

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