Fotos von Arne Ader
Dunstiger Morgen im Otepää Hochland
Eine Zeit des Juhan Liiv*), zu der man sich an der verbleichenden Farbpalette des auf die Kiefernheide treffenden Sommerendes langweilt, endete diese Woche auf einen Schlag. Plötzlich! Plötzlich steht ein flammend roter September-Ahorn mitten in der stillen Heide.
Die vier Wetterzeichen dieser Woche:
Frösche auf der Straße,
Elchhochzeiten,
roter Ahorn
und Regengeprassel.
Das Farbspiel des Herbstes kam tatsächlich heimlich, zu Anfang färbte es Preiselbeeren rote Augen und punk-lila borstige Heidekrautfrisuren auf die Köpfchen der echten Rentierflechte. Das Heer der benadelten Kiefern jedoch wiegte dazu nur ruhig seine tiefgrünen Köpfe. Leise, leise kamen die ersten gelben Birkenblätter, zunächst versteckten sie sich an den Zweigen, dann in der Spitze der Baumkrone, wo der Wind sie auf das Moos wehte wie einen vereinzelten goldenen Regen. Dann begannen die Espen am Waldrand miteinander zu reden: „Psst, psssttt, werden wir dieses Jahr ins Gelbe oder ins Rote wechseln?“ Noch, noch sind sie grün, aber die kalten Nächte haben einen zarten gelblichen Ton in das Grün gemischt. Und sogar wenn wir unsere Ohren und Augen schließen, erkennen wir, dass der Herbst angekommen ist. Er ist mit den Gerüchen des Herbstes gekommen – in dem vorbei pfeifenden Windstoß liegt nur ein Hauch honigsüßen Blütenduftes, der Wind riecht nach dem Abschied des Sommers und nach Verfall. September ist wirklich ein Herbstmonat.

Tintlinge wachsen auf den Heuwiesen
Hineindrängende Mäuse
Mir gefiel eine Ende dieser Woche in den endlosen Weiten der Social Media angesprochene Frage: „Bedeutet eine schnelle inhäusige Invasion von Mäusen den drohenden Tod, so wie die Altvorderen glaubten?“ Und die Antwort darauf lautet, dass es der Tod des Sommers ist. Natürlich sind kleine rosa Mäusepfoten und ein stetig abnehmender Speisevorrat ein eindeutiges Zeichen für Mäuse, dass der Sommer zu Ende ist und nun tatsächlich der Tod des Sommers in der Nähe liegt. Aber der Abschied des Sommers wird durch das Verhalten anderer Tiere mit und ohne Füße angezeigt. Der Tag, an dem Schlangen in ihre Höhlen gehen sollten, ist nahe, und daher sieht man Schlangen, wo man sie üblicherweise nicht zu sehen bekommt. Meine Mutter erzählte mir einmal, wie sie einst in ihrem Küchengarten ihren Gürtel habe fallen sehen und wie der „Gürtel“ dort als kräftige dahingleitende Ringelnatter gerade in der Tiefe eines Grabens verschwand.
Eilende Frösche
Am eifrigsten den Wohnort wechselnd sind derzeit aber die Frösche, die Straßen sind so mit ihnen bedeckt, dass es nach einem kräftigen Regenschauer schlicht nicht möglich ist, mit dem Auto auf der Straße zu fahren. Wirklich, sogar mit dem Fahrrad zu fahren, kann gefährlich sein. Auf meiner morgendlichen Radeltour fuhr ich beinahe in eine übergroße und wohlgenährte „Monsterkröte“ – und überraschend blass war diese Kröte zudem; sie hatte das reichhaltige Schneckenbuffet dieses verregneten Sommers nicht ungenutzt gelassen. Auf der Straße befinden sich auch Grasfrösche, es ist recht interessant, sie vom Rad aus zu beobachten: „Hüpfender Frosch ist ein Grasfrosch, laufender Frosch eine Kröte.“ Es gibt noch viele Schnecken und Nacktschnecken, aber sichtlich ist eine erhebliche Anzahl bereits näher am Boden, um zur Überwinterung in den Schoß der Erde zu kriechen. Aber der Grund ist noch so voll Wasser, dass selbst die Regenwürmer vor dem Ertrinken flüchten.
Später Blüher: Fetthenne
Pilztupfer auf dem Rasen
Das Pflanzenwachstum ist nicht zu Ende, weil die durchschnittliche Tages- und Nachttemperatur immer noch über 10 Grad liegt. Weshalb die Herbstboten vorwiegend die farbig geschmückten, in der Höhe winkenden Zweige der Bäume sind. Noch sind brach liegende Felder braun, haben die Distelköpfe lange nasse Haare – wie die Köpfe alter Frauen und Altweibersommer ist das, was wir vom September erwarten. Der wirklich rechte warme Sommer dauerte in diesem Sommer nur eine Woche. Grüne Igel bilden die Nadelbälle der Rosskastanien, langsam erscheinen die ersten Eicheln, in meinem Garten dauert der Regen der gelben Mirabellen an. Und Pilze ... es gibt alle Sorten, in diesem Jahr sind sogar Edelreizker und Riesenschirmlinge zu haben und sie sind nicht so von Maden befallen wie in einem trockenen Sommer. Zur Freude der Stadtmenschen liefern die Rasenfleckchen auch Tintlinge. Mit Lauch sind sie recht lecker.
Weißes Vogelleuchten
Die Vogelwelt ist trotz fehlenden Gesangs sehr fröhlich. Die Farbe der Woche ist weiß. In Tartu wurden Albinoschwalben gesichtet und aus ganz Estland kommen Nachrichten über schneeweiße Silberreiher. Vielleicht waren diese letztgenannten herrlichen Vögel auch im Sommer hier, aber wurden nicht im Schilf gesehen? Diese Woche sah ich auch recht viele Fälle, wo auf dem einen oder anderen Weißstorchennest ein einsamer Storch traurig herumstand. Liegt es an der Zugunruhe, das sie die Nacht über nicht auf dem freien Feld zu verbringen wagen? Und auf den Feldern gibt es große Scharen von Möwen und Kiebitzen in den Gebieten, die die Erntemaschinen leer gefuttert haben. Auch an der Meeresküste findet ein starker Zug der Regenpfeifer statt. Die Meisen sind jedoch wieder vom Haus verschwunden.
Silberreiher
Der Marientag, Maarjapäev, war am 8. September, dann mussten die Felder abgeerntet sein. Die Hausfrau hat Sõir*) gemacht, der Hausherr brachte Schnaps hinaus und sagte zum Knecht: „Jetzt ist das Feld geschafft, nun kannst Du etwas für den Körper tun.” Gemeinde Karula
*) Quark- und Kümmelkäse
Empfehlung:
Am Schlangen-Marientag, Ussimaarjapäev, dem 8. September, sollten Stoppelfelder umbrochen werden, das würde Schlangennester zerstören. Aber von diesem Tag an sammelten sich die Schlangen und zogen sich bis zum St. Georgstag, Jüripäev, für den Winter in den Untergrund zurück. An diesem Tag sollte man nicht in den Wald gehen, weil sie dann in ihre Winterquartiere schlüpfen und es sehr viele sind.
Estlands Quellen: Kalbu Goldquelle (kuldallikas)
Im Bezirk Rapla, in der Gemeinde Kehtna im Räägu-Wassereinzugsbereich in der Nähe des Dorfes Kalbu gibt es nahe beieinander die Silmallikas (Augenquelle), Kuldallikas (Goldquelle) und Raudallikas (Eisenquelle); den Menschen sind sie als heilige Quellen bekannt. Die Kuldallikas soll sich, wie man sagt, an einer Stelle gebildet haben, wo in alten Zeiten ein in Richtung Viljandi reisender Kaufmann einer Ladung Goldes beraubt wurde. Im Kampf während des Raubes tat es einen harten Schlag und die Fracht sank mit den Männern in die Erde; das sich bildende Loch füllte sich mit Wasser. Der Kasten mit dem Gold soll sich zu bestimmten Zeiten auf dem Grund der Quelle zeigen. Über Schriftsteller Paul Rummo wurde berichtet, er sei als Schuljunge in Kalbu sehr wütend gewesen, dass Jaan Jung keine alte Geschichte von seinem Geburtsort geschrieben habe und habe beschlossen, dies einfach selbst zu tun. Zu den oben erwähnten Quellen dachte er sich Entstehungsgeschichten aus, sie wurden in der von Hand geschriebenen Schulzeitung veröffentlicht, von wo aus sie sich später unter den Leuten verbreiteten.