Letzte Septemberwoche: Septembergewitter

Verfasst von Kristel Vilbasteloodusenaine@hot.ee
Fotos von Arne Ader
 
Landschaft von Järvselja gesehen vom Aussichtsturm Rõka
 
In Kürze:
Rumms-mmmss! Nach einer „Röntgenlichtillumination“ durch das Wetter draußen bebt das Haus und bebt der Boden. Der Knall war so heftig, das ich erschreckt aus dem Bett sprang und nicht ganz verstand, was los ist. Aber es war nur ein Gewitter. Septembermäßig.
 
Die vier Wetterzeichen dieser Wochei:
trüb-stimmige Kraniche,
kahle Ahorn-Kronen,
stoische Karotten
und Gewitter.
 
Ich kann nicht einmal sagen, welches das wichtigste Wettergeschehen der Woche war: der herbstliche krachende Donner oder der Abflug der Kraniche. Zusätzlich zu den faszinierend illuminierten Augenblicken und dem uralten, bis ins Mark dringenden Klang des Bodens brachte das Gewitter auch Verderben. Es fällte eine Anzahl von Waldbäumen an den Biegungen des Flusses  Pirita, schlug sogar seine Krallen in ein Auto. Es fällte Ober- und Stromleitungen, riss die Kappen von den Köpfen einiger zu Festen eilender Leute. Der Sturm aus der kalten herbstlichen Luft und den warmen Meeresböen schüttet Gießbäche von den Türen des Himmels hinab – so viel, dass man an manchen Stellen bis zum Knöchel darin waten musste. Aber was den Regen betrifft, so ist der Herbst, wie der Herbst immer ist, wird man sagen. Ja, aber das einzige Problem ist, dass es scheint, als ob es nichts anderes gab als Herbst. Die einzigen Dinge, die an den Sommer erinnern, sind die Mücken, die nach den Schauern in die Luft aufsteigen und die alsbald blühenden Mückenstiche. Aber eigentlich gibt es viel Gutes an diesem regnerischen Herbst. Über viele Jahre hinweg hat es keinen so farbenfreudigen Herbst gegeben. Die ersten Ahorne mit roten Röcken und einem schütteren Wipfel sind tatsächlich so rubinrot, dass man sie leicht auf die kanadische Flagge nähen könnte. Und die Gruppen der Kulturheidelbeeren im Garten sind so purpurrot, dass die Sami ruska, die Herbstfarben, im Vergleich verblassen. Und wenn der blaue Himmel nach dem Gewitter wieder blau leuchtet, dann ist es schwer, ein schöneres Bild zu finden.
 
In diesem Herbst wurden späte Kaulquappen von Grasfröschen in Froschteichen gesehen. Das letzte Stadium der Verwandlungsstufen der Frösche hat begonnen: unter dem Schwanz der Kaulquappe sind die Hinterbeine des zukünftigen „richtigen“ Frosches erkennbar
 
Kru - kruu!
Aber natürlich diese Kraniche, ich muss zugeben, dass es hier um Tartu herum noch keine Spur von Kranichen oder Gänsen gibt, den ersten Kranich-Triangel, den ich in diesem Jahr sah, erblickten meine Augen am Freitag am blauen Himmel, als ich in Tallinn im Zahnarztstuhl saß. Aber was ich aus dem westlichen und südwestlichen Estland höre, macht mich neidisch. Wie Tausende von Kranichen am Morgen von den Übernachtungsplätzen in die Luft steigen und leider-leider immer nur höher und höher steigen und endlich Kurs auf die Länder jenseits des Meeres nehmen. Ja, aus Finnland hörte man vom Abflug der Kraniche bereits zu Beginn der Woche, aber unsere Kraniche hatten ihren Abflug genau in das Wochenend-Gewitter gelegt. Und wie immer „unter den Kranichflügeln verborgen“ sind hunderttausende Winzlinge, an wärmere Orte vor dem Frost davoneilend. Und kein Wunder, in Ivalo, nur wenig weiter nördlich als des Weihnachtsmannes Rovaniemi, war der Boden am Freitag bereits weiß.
 
Quälender Hunger
Aber diese kleinen Zwitscherer sind lustig zu beobachten. Wie die Rotkehlchen über den Boden unter den Sträuchern eilen, orange-roter Bauch und kleine schwarze Augen – gerade wie aus einer englischen Weihnachtsgeschichte, nur die Watte des Schnees und ein Ilexzweig fehlen. Seltsamerweise sind viele Lerchentriller zu hören, sie sind an manchen Orten lauter, als die Beinreibe-Musik der späten Grashüpfer. Das traurige Lied der weißköpfigen Schwanzmeisen erzählt von Herbstmelancholie, sie sind so gesellige Vögel, dass sie nahezu ständig weinerlich nach einander rufen und auf den Zug eilen. In den frühen Morgenstunden regnet eine handvoll hungriger Drosseln von Norden kommend hernieder, vertilgt schnell von den gefallenen Pflauen und weg sind sie, und fort sind die Tausende Stare, die wie Bienenschwärme herumflogen und von deren Lärm die ganze Stadt vor nur einer Woche erfüllt war.
 
Später Blüher: auf einem kahlen Weidenzweig blüht eine Zaunwinde
 
Sogar die Möwen verschwinden
Aber viel seltenere Wesen sind nun zu sehen, in Pääsküla saß eine echte Turteltaube auf einer Stromleitung, ich hatte nicht gehört, dass sie hier in letzter Zeit genistet hätten. Und ein seltenes Sommergoldhähnchen wurde an der Vogelstation Kabli zwischen den Wintergoldhähnchen gefunden. Die Möwen sind seit mehreren Tagen in Abflugstimmung. Sie unterhalten sich lautstark an den Sammelpunkten, vermutlich, wie passend der Wind ist. Möwen sind Vögel, deren Abflug wir normalerweise nicht bemerken, weil ein Teil von ihnen bleibt, um über den Mülldeponien zu kreisen, aber die Mehrheit fliegt zu einem bestimmten Zeitpunkt im Triangel oder im Schwarm gleichzeitig fort. Und die Würmer aus dem Rasen ziehenden Saatkrähen sind ebenfalls weniger geworden. Und es stellt sich heraus, dass es in Computern nicht nur Viren-Würmer, sondern auch echte Zecken gibt. Oder es kroch zumindest eine auf den warmen Bildschirm, um nach meinem Waldspaziergang dort auszuruhen.
 
Kürbismastzeit
Ich habe versucht, am Wochenende etwas Ordnung in die Beete zu bringen und zu meiner Überraschung entdeckt, wie fleißig das Unkraut zu wachsen begonnen hatte, einige 20 Zentimeter in ein paar Wochen. Und der Kürbis hat in der letzten Woche einige zehn Zentimeter um die Taille zugelegt. Aber die sehr spät gesäten Erbsen sind gar nicht recht geworden, die Schoten sind grün und voller Erbsen, aber sie hatten keinen Hauch von Sonne, der das Gemüse süß macht. Karotten und Raps sind schön dick, aber sie sind in diesem Sommer so hoch aus dem Boden aufgeschossen, dass es ziemlich seltsam ist. In all diesem üppigen Grün könnte ich eimerweise Schnirkelschnecken sammeln, um sie weit fort zu tragen.  
 
Wenn es im Oktober und November noch gewittert, dann gibt es Hoffnung auf einen langen, warmen Herbst. Räpina.
 
Rotkehlchen
 
Empfehlung:
Um die Dinge in unserem Land zu verbessern und für alle Einwohner lohnender zu gestalten, muss manchmal eine kleine Gabe oder Spende gemacht werden. Diejenigen, die dies können, sollten zu einem Hain oder einer Quelle gehen und im Gedenken an unsere Ahnen eine Kerze entzünden. Aber eine gute Gelegenheit ist es auch, den Erhalt und die Untersuchung unserer Haine anlässlich der Sammlungen am Maavalla-Tag zu unterstützen. Spenden können auch auf das Bankkonto des Maavalla-Hauses, Nr. 333805270003 der Sampo Bank erfolgen. Bei den Sammlungen werden Gelder und Grund für Untersuchung und Erhalt der Haine, die Webseite, den Informationsaustausch, Drucksachen, Vorträge und andere Aktivitäten des Hauses gesammelt.
 
Estlands Quellen: Põrguvaluläte (Höllenschmerzquelle)
Die Quelle befindet sich in Tartumaa im Bezirk Mäksa an der Nordseite des Poka-Hofes – Mäletjärve-Straße, 300 m nördlich der Straße. Die Quelle, als historisches Erbe geschützt, befindet sich auf dem Grund des Hofes Nr. 1 von Järvetaguse, 200 m im Nordosten des Hofes. Die Quelle fließt unter dem sehr hohen Uferhang des Lavatsi-Sees auf ebenem Boden. Der See ist an dieser Stelle umgeben von einem 50-75 m breiten Gebiet mit höheren Bäumen und jetzt mit Sträuchern überwachsen. Der Ausfluss ist nicht besonders stark, aber die Quelle vertrocknet auch nicht in trockenen Sommern. Über die Quelle sagt man, dass ihr Wasser gegen die stärksten Schmerzen helfe, höllische Schmerzen lindere. Der See ist reich an Fisch, aber in den vergangenen Jahren haben die Fischer ihnen mit elektrischer Ausrüstung geschadet; jedoch kann man Krebse in dem See finden.


 

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