Fotos von Arne Ader
Landschaft von Võrtsjärve mit Gänsen
Der Tanz der Fühler ist voll im Gange. Ein Dutzend Baumschnirkelschnecken hat sich am Pfosten der Gartenlaterne hochgehievt, ist zur lichtverbreitenden Spitze gekrochen und wiegt ihre Fühler hierhin und dorthin.
Die vier Wetterzeichen dieser Woche:
Kahle Baumgruppen,
wuselige Gänsescharen,
Haarausfall bei Menschen
und die Reste von Sommerwärme.
Der Mitternachtsklub der Waldschnirkelschnecken war nur möglich, weil die Nächte der vergangenen Woche so warm waren, dass selbst ich mich zu einer Nachtwanderung versucht fühlte. Schnecken, ja Schnecken gibt es tatsächlich viele in diesem Jahr, weil es den ganzen Sommer über Regengüsse gab und im Herbst noch obendrein. Die Schauer Mitte der Woche überstiegen sogar die Toleranzgrenze der Regenwürmer und sie krochen aus dem getränkten Boden; der Asphalt und alle Rasenflächen waren ebenfalls voll davon. Die Möwen, die noch nicht fortgezogen sind, kreischten vor Freude beim Anblick dieser Schnabelfertig bereitliegenden Nahrung. Und merkwürdig, außen vor den Fenstern tanzen wieder die Nachtfalter und die Mücken schlüpfen in die erleuchteten Zimmer. Die verschlafene Fliege ist wieder erwacht und kreist wie verrückt vor dem Fenster. Aber immer noch muss ich sagen, dass die Ankunft des Winters kurz bevor steht, auch die Menschen fühlen das, einige haben von losen Haaren bedeckte Schultern, sogar die Krone der Schöpfung hat ebenfalls zu mausern begonnen. Der Fellwechsel hat auch für die Pelzigeren begonnen, er zeigt sich besonders gut bei Rehen und Füchsen. Auch Eichhörnchen verlieren ihre sommerliche Leuchtkraft, sie sehen immer grauer aus.

An warmen Tagen rascheln Frösche in den Blättern
Bereits in Afrika
Die letzten Gänseschwärme kreisen über Estland, ich sah ein 40-köpfige Gänseschar fröhlich miteinander schnatternd Richtung Süden segeln. Es gibt hier in der Mitte von Estlands Festland nur wenige Gänse zu sehen, man hört ihr Kommen vor allem dann, wenn plötzlich ein heftiges Geschnatter am Himmel beginnt, als ob eine große Zusammenkunft von Menschen auf einmal etwas Wichtiges zu diskutieren beginnt. Größere Gänseschwärme sind noch im Westen Estlands zu sehen und anderswo an großen Gewässern. Aber unsere Kraniche sind bereits schon halb über Europa und die Fischadler und Schwarzstörche haben Zentralafrika erreicht. Schwäne jedoch eilen zusammen mit den Gänsen über Estland herum und machen sich wenig Sorgen über Reisegenehmigungen für wärmere Länder.
Sitsikleit? *)
*) Schreibung des Meisenrufs in Estland, Sitsikleit ist eigentlich ein geblümtes Sommerkleidchen, Kleit ist Lehnwort aus dem Deutschen
Aber es ist interessant, diejenigen zu beobachten, die in Estland bleiben. Die Kohlmeise kann irgendwo unerwartet zu singen beginnen und die Sperlinge fühlen sich wie zu Hause. Der größere Teil der Saatkrähen ist plötzlich verschwunden, aber statt dessen spaziert ein hungriges Paar Rotdrosseln auf dem Rasen herum. Die Kernbeißer haben wieder auf die Mirabellpflaumen-Kerne zugegriffen und die Elstern sind an deren Taten nicht mehr interessiert. Im Wald sind die Spechte ziemlich lautstark und man kann noch Rotkehlchen hören. Doch plötzlich, wie von Zauberhand, waren die Bachstelzen von den Straßen gefegt.
Feldsperlinge amüsieren sich: paarweise tschilpen sie in den Büschen und prüfen die Nistkästen
Pilze sammeln!
Die meisten Bäume sind ziemlich kahl, der Wind hat insbesondere alle größeren Blattarten abgerissen. Vor allem Ahorne sind kahl und unter ihnen liegen Haufen schön gefärbter Blätter. Im Garten versuchen noch Löwenzahn und sogar Klee zu blühen. Selbst die Rispengräser sind unter der Woche etwa 5 Zentimeter gewachsen, so dass die fleißigeren Leute erneut begonnen haben, ihren Rasen zu mähen. Der Rasen ist voller Faltentintlinge und es gibt einen interessanten Tintlingrasen bei der Sporthalle von Tartu, wo so viele Pilze auf dem Hammerwerferareal sind, dass es scheint, als seien sie aus Angst vor den Hammereinschlägen in Scharen aus dem Rasen gesprungen. Im Wald kann man Pfifferlinge, Milchlinge und Täublinge finden, es ist noch zu früh, den Pilzkorb an den Nagel zu hängen.
Geschichte der Kornblume
Aber wenn des Herbstes Faulheit in Richtung der dunklen Jahreszeit drängt, so sehr, dass sogar einige lieber auf dem Sofa mit dem Buch in der Hand liegen, als sich für die Wälder zu begeistern, dann drängen auch die „Neuigkeiten“ aus der Welt der Bücher heran. Wussten Sie zum Beispiel, dass das Magazin „Loodushoid ja turism“ (Naturschutz und Tourismus) von 1939 schrieb, dass in Argentinien in der Stadt La Plata ein Friedensgarten angelegt wurde. Finnland und Schweden sendeten Maiglöckchen als ihre Vertretung, Dänemark die Buche, Nazi-Deutschland ... die Kornblume. Eine Kornblume wurde auch von Frankreich geschickt; favorisierte Blumen waren zu dieser Zeit in Estland die Schlüsselblumen und Trollblumen. Estland wurde auch vertreten durch Taubenkirsche und Vogelbeere. Diese Pflanzen wurden mit der Begründung gewählt, dass sie überall im Lande wachsen, dass sie hier gut bekannt sind und es viele Geschichten über sie gibt. Würde ein estnisches Schulkind von heute die Bewohner feuchter Frühlingswiesen erkennen, die Schlüsselblume?

Die Kapseln der Kletten sind getrocknet, die reifen Samen sind ein schöner Schnabel voll für viele Vögel. Kohlmeise
Am Sonntag, den 28. Oktober ist Simunapäev, der Tag des Apostels Simon. Simon baut Brücken über Moore und Niederungen, Torfkanäle und Flüsse. Palamuse.
Empfehlung:
Aufguss aus Kamille wird zum Haare waschen verwendet, wenn man die natürliche blonde Farbe des blonden Haares bewahren will. Im Gegensatz zu anderen Mitteln ist es für die Haare völlig unbedenklich. Für einen Liter Wasser werden 120g Kamillenblüten verwendet, es wird gekocht, bis sich die Mischung auf die Hälfte reduziert hat und dann durch ein Tuch geseiht. Die Haare sollten nicht getrocknet werden, wenn sie gespült werden. Die Zubereitung ist langwierig, aber verleiht dem Haar eine natürliche Schönheit, wenn es nicht zu hellblond ist.
Estlands Quellen: Mõrsjaläte (Brautquelle)
Die Mõrsjaläte, wo sogar noch bis 1680 geopfert wurde, liegt in Põlvamaa im Dorf Kärsa bei der Sulbi-Mühle. Volkserzählungen berichten viele Geschichten über die Quelle. Eine davon besagt, das einst in alten Zeiten im Frühling, als die Straßen in einem sehr schlechten Zustand waren, zwei Hochzeitszüge dort aufeinander trafen. Keiner wollte dem anderen Platz machen. Die erste Gruppe befahl der anderen, beiseite zu gehen, weil sie von der Straße getrieben worden waren. Letztlich entbrannte ein Streit. Die Hochzeitsgäste zogen ihre Schwerter und es entstand ein Kampf. In dem Kampf wurden beide Bräutigame getötet. Die Bräute weinten so sehr, dass die Tränen eine Quelle entspringen ließen. Die Quelle hat Heilwirkung. Diejenigen, die ihre kranken Augen damit auswaschen, werden geheilt.
Estnischer Originalartikel hier veröffentlicht am 22.10.2012
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