Fotos von Arne Ader
Auwiesen von Kärevere
Ein großer grauer Federball auf einem regenschwarzen Baum. Nur ein „Uhuu!“ war nötig. In der Tat, der Wald ist ganz klar. In diesem kahlen Wald ist ein hellgrauer Habichtskauz auf der Jagd. Tatsächlich richtet er sich bei seiner Jagd nach dem Quieken der Mäuse.
Die vier Wetterzeichen dieser Woche:
blühende Sumpfdotterblume,
Stare auf dem Rasen,
schlitternde Regenwürmer
und dichter Nebel über dem tauenden Boden.
Der Winter ist wieder gegangen, er eilte zu den Tundren des Nordens, wo er von Rechts wegen sein sollte. Der Herbst, der abgesagt worden war, erhielt die Erlaubnis zur Rückkehr und weint nun vor Freude. Weint derart stark, dass die Menschenkinder keine Lust haben, hinaus in diese Welt aus Tränen zu gehen. Und so sitze ich drinnen, die Nase gegen das Fenster gepresst, und sehe, was draußen geschieht. In dem Augenblick, in dem die Sonne ihre Strahlenbündel durch die Wolkenscharen schickt, sehe ich das Glück der Vögel. Die Meisen tanzen auf dem Verandatisch und nippen an der Pizza, die ich in den Tiefen meiner Reisetasche aus Italien mitbrachte. Ich kann ziemlich sicher sein, dass ich diese Meisen den ganzen Winter hindurch füttere und dass ihnen der Drang, nach Süden zu fliegen, gänzlich fehlt. Aber die Feldsperlinge! Deren biologische Uhr geht vor oder nach. Zu zweit sind sie am Nistkasten beschäftigt. Das Männchen sitzt auf dem Kastendach, während das Weibchen ihm etwas mit fröhlicher Stimme aus der Kastenöffnung erzählt. Der größere Vogel fliegt für einen Moment fort und kommt mit einem Schnabel voll Strohhalme zurück. Schaut, Freunde! Der Winter kommt. Aber dieser Winter ist tatsächlich nicht mehr überall zu sehen – ein gepunkteter Star spaziert auf dem Rasen und auf der benachbarten Baustelle scheint ein Paar Hausrotschwänze nach einem Nistplatz zu suchen. Und unter der Hecke wühlen die Kernbeißer nach den Pflaumenkernen wie im Frühling. Das einzige, das an den Herbst erinnert, ist das Gold des Falllaubes unter den Bäumen.

Habichtskauz auf Beutejagd
Bäume warten auf Sturm
Die Bäume, ja, die Bäume sind weitgehend kahl. Sie sind kahl im Wald und in den Dörfern. Aber in den Stadtparks gibt es große alte Linden, die noch voller goldgelber Blätter sind. Dass die Eichenblätter an den Bäumen schaukeln, goldfarben, ist kein Wunder, zeitweilig tun sie das den ganzen Winter. Aber Apfelbäume und Pflaumenbäume tragen immer noch Blätter, ganz zu schweigen vom Flieder und den schwarzen Johannisbeeren. Und dass die Kälte die Pflanzen nicht besonders geschreckt hat, zeigt der Umstand, dass Giersch und Brennnesseln noch in vollem Saft stehen. Sogar die Ringelblumen schafften die zehn Kältegrade und die Sumpfdotterblumen dachten nicht viel als sie zu blühen begannen. Aber diese Wärme wird nicht ewig dauern und bald wird die Natur einen Herbststurm aus ihrem Vorrat ziehen und schließlich alle Blätter von den Bäumen tragen.
Nachtfalterflug
Dass es immer noch Blätter als Nahrung gibt, zeigt das Getümmel aller Arten von Insekten. Nachtfalter sind jetzt besonders aktiv und es gibt viele Schmetterlingsarten, die auf solche verspäteten Flüge eingestellt sind – weil es jetzt weniger gefährlich ist, die meisten Fledermäuse sind in Höhlen und Keller gekrochen oder nach Süden gezogen. Aber Fliegenfänger sind noch immer unterwegs, einige Frösche sind noch nicht schlafen gegangen und kämpfen im Gras. Auch war der Boden nicht so tief gefroren, dass die Regenwürmer tiefer in den Grund gekrochen wären, und jetzt treibt sie der Regen aus dem Boden.
Spatzen bauen Winternest. Haussperling mit Daune
Fichtenzapfen schaukeln
Stadtvögelvölker jedoch erwarten den Winter. Die letzten Schwäne faulenzen auf den Feldern, der Schnee ist unter ihren Schwingen. Häher sieht man jetzt sehr selten, es scheint als ob sie jede letzte Eichel irgendwo im Wald versteckt haben. Am lautesten sind die Spechte, vielleicht erscheint es auch ihnen so, als sei der Frühling gekommen. Enn Vilbaste, Grenzschützer von Ikla und Naturschützer der Unabhängigkeitszeit und nun seinen 50. Geburtstag feiernd, sagt, dass ein heftiges Treiben unter den Spechten sei: „Seit Stunden sitzt ein Buntspecht schaukelnd in einem Fichtenwipfel in der Nähe der Zapfen und pickt Samen heraus. Ein harter Winter ist wahrscheinlich, wenn Vögel so sorgfältig Fettreserven aufbauen.“ Die Seidenschwänze haben Estlands südwestliche Ecke erreicht und nicht alle sind wegen Trunkenheit im Fluge verurteilt worden, ergänzt Kaja Kübar aus ihrem Bezirk.
Zeit zur Verbesserung Ihres Wissens
Derzeit kann man Naturbeobachtungen besonders komfortabel vom Computerschreibtisch aus machen, neben einer dampfenden Tasse Tee. Die Looduskalender.ee-Robben-Kamera bietet einzigartige Einblicke, wie Hunderte Robben plötzlich entscheiden, ins Meer hinaus zu schwimmen, so dass sogar der Seeadler mit verwirrtem Blick innehält. Und man kann sich tief in einem Sessel mit einem aufregenden Buch vergraben, in dieser Woche präsentierte Ain Raal sein Buch „Seitse tervendavat puud – Sieben Heil-Bäume“. Es wird in diesem Buch vor allem viel zu den wirksamen Stoffen erklärt. „In den Bäumen gibt es viel mehr als nur Holz,“ sagt der an Allerseelen sein Buch vorstellende Autor geheimnisvoll. Ich würde einen weiteren Zeitvertreib empfehlen, spielen Sie ein Familien-Memory-Spiel. Fragen und Antworten kann man in dem Buch „Suur koolilaste mälumäng – Großes Schulkinder Memory-Quiz“, finden, noch druckfrisch riechend, zu dem auch ich 100 Fragen zu Pflanzen beigetragen habe.
Kahler Weißdorn
Der Herbst zwischen St. Michael und St. Martin ist die beste Zeit zum Birkenfällen. Rapla.
Empfehlung:
Am St. Martins-Abend, Mardilaupäeval, dem 9. November, spukte es. Fensterscheiben wurden zum Dröhnen gebracht: „ein Faden wird am Fenster befestigt, dann geht man ein wenig weiter weg und zieht ihn über einen Kamm ... nun, reinste Katzenmusik. Am besten, wenn es ein leeres Zimmer ist, ohne Leute, dann im anderen Zimmer ... versetzt es die Leute in Verwunderung. Der Faden muss sehr stark angezogen werden.“ Kadrina.
Estlands Quellen: Karja Quelle
Selbst die große Stadt Tallinn hat ihr Trinkwasser alten Quellen entnommen; die meisten von ihnen sind inzwischen verschmutzt und aufgefüllt. Die Karjaallikas oder Karja-allikas (Herd-Quelle) war eine Wasserentnahmestelle in Tallinn an der heutigen Tatari Straße über die Allika Straße hinweg in dem Garten des Anwesens Nr. 24. Von dieser Quelle stammte das Wasser der Trinkwassertröge, aus denen das auf den Weiden außerhalb des Karjators grasende Vieh der Bürger sein Wasser erhielt. Von dem Karja-Quellwasser wurde das Wasser in Fässern für die wohlhabenderen Einwohner nach Tallinn transportiert. 1536 vermachte der Kaufman Selhorst Tallinn 400 Rigaer Mark; für das Geld wurde die Karjaallika-Wasserleitung bis zum heutigen Gebäude des Tallinner Englisch-Kollegs gebaut, wo ein öffentlicher Brunnen eingerichtet wurde, der sogenannte Karjakaev. Der Karjabrunnen, der aus der Karja-Quelle entstand, wurde bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts genutzt; dann wurde das Wasser als für den menschlichen Gebrauch ungeeignet erklärt und der Brunnen geschlossen. Die Bauten des Karjakaev wurden 1915 abgerissen.
Estnischer Originalartikel hier veröffentlicht am 5.11.2012