Erste Dezemberwoche: Elsterneier

Verfasst von Kristel Vilbasteloodusenaine@hot.ee
Fotos: Arne Ader
 
Rezept für Weihnachtsstimmung: dämmerige Landschaften bedeckt mit frischweißem Schnee
 
„Schau, dort liegen weiße Eier im Elsternnest!“ rief Aotäht am Mittwochmorgen. Und tatsächlich leuchten uns aus dem Zweighaufen drei strahlendweiße Kugeln entgegen. Eier im Dezember? Ich hebe das Fernglas ...
 
Die vier Wetterzeichen der Woche:
hungrige Grünlingsschar,
Richtung Küste ziehende Seeadler,
schmatzende Wildschweinrotte
und Schneefall.
 
Es sind offenbar tatsächlich strahlendweiße Eier über Nacht im Elsternnest aufgetaucht. Aber sie waren groß, wie eine Elster und leuchtend schneeweiß. Und es waren Schneebälle. Sie waren so ordentlich unter das Dach des Elsternnestes gepackt, dann nichts sie vor dem Frühjahr dort fortnehmen würde. Väterchen Schneesturm hatte sie vermutlich sorgfältig gerollt, zwei große und einen kleinen und halbfertigen. Ein Trost für endlos verschlafene Menschen, eine Versicherung, dass es nur noch zwei weitere Wochen dunkler werden wird, danach hat das Licht wieder Kraft und die Sonne steigt jeden Tag einen Hahnenschritt früher hinaus ins Firmament. Die Elster, jener schillernde und funkelnde Vogel, bezeugt den Schneeeiern in ihrem Nest keinerlei Aufmerksamkeit. Sie ist mit der Nachsortierung des Komposthaufens beschäftigt. Die exotische Mandarinenschale fliegt nach rechts, die netten einheimischen Kürbisinnereien werden sofort als Futter genutzt. Zugegeben verändern sich die derzeit auf den Kompost gebrachten Nahrungsreste bei 10 Grad Kälte schnell zu Eiscreme und Tiefkühlkonserven, aber die menschenscheue Elster kommt nicht so einfach zum Futterhäuschen. Jeden Morgen schiebe ich den Schnee vom Balkon und fege den Gartentisch mit meinem Fäustling frei von Schnee. Eine halbe Tasse Sonnenblumenkerne wandern zum Futterhäuschen und eine Hälfte auf den Tisch auf einen kleinen Haufen. Und ich bin noch nicht richtig im Haus oder habe meine Jacke ausgezogen, bevor nicht schon eine 20-köpfige Grünlingsschar auf dem Tisch sitzt. Aus irgendeinem Grund ist es so mit den Leuten, dass falls ein Grünling zu Besuch kommt, es ein Wunder zu sein scheint, aber diese 20-köpfige Truppe nenne ich schnell eine Bande. Die Bande veranstaltet auf dem Tisch schnell ein Durcheinander. Der Haufen Sonnenblumenkerne wird mit schwirrenden Flügeln vom Tisch gefegt, einige Samen mit den Schnäbeln geschnappt und sie sind fort. Die Kohlmeisen sind viel liebenswürdiger. Sie ziehen die Schale von den Sonnenblumenkernen ab, behutsam und liebevoll, und dann knabbern sie sich den Samen in den Bauch wie mit Messer und Gabel.
 
Dösende Elster
 
Sperlingsspiel
Eine recht seltsame Angelegenheit ist es mit den Feldsperlingen. Es ist jetzt ziemlich klar, dass ich diesen Winter einen Untermieter habe. Am Morgen, wenn ich die Schlafzimmer-Vorhänge öffne, steckt auch ein Feldsperling seinen Kopf aus dem Nistkasten unter dem Fenster – braunen Feder-Helm auf, frische und glänzende schwarze Augen und den kleinen Wangenfleck schwarz auf dem hellgrauen Gesicht. Bis zum Beginn der letzten Woche hielt das Sperlingspaar stets eine Zeremonie ab. Dass Männchen flog irgendwohin und kehrte mit einem langen Strohhalm zurück. Und dann begann das Spiel. Das Weibchen saß zunächst in der Nistkastenöffnung und erklärte anscheinend: „Nein, dieses schreckliche Möbel kannst Du hier nicht reinbringen!“ Nach diesem Lärm kamen Meisen hinzu und schlossen sich dem Krawall an. Dann wurde das gründlich verärgerte Sperlingsmännchen letztlich mit dem Strohhalm, der so lang war, dass es einige Arbeit bedeutete, ihn ins Nest zu ziehen, in den Kasten gelassen. Dann kamen die Spatzen gemeinsam zum Futterhäuschen zum Essen. Jetzt sind die Spiele beendet und die Sperlinge, ein wenig ungeschickt wegen der Kälte, kommen sofort am Morgen zum Futtern.
 
Nahrungsabfall-Kaugummi
Vögel haben in der Stadtlandschaft auch ganz neue Angewohnheiten. Die Dohlen haben die Hamburger-Verpackungen entdeckt, und mir scheint es so, als ob sie sie tatsächlich fressen. Innerhalb einer Bande wird das Papier in schmale Streifen gerissen und dann verschwindet der Eigner eines Streifens hinter einem Baum. Vielleicht wird der durchgekaute Abfall-Kaugummi am Ende ausgespuckt, aber das mit Nahrungssäften vollgesogene Einwickelpapier scheint den Dohlen zu gefallen. Eine einförmige Schneeballsuppe schwimmt immer noch auf dem Emajõgi-Fluss, aber es werden allmählich weniger Enten. Am Samstag sah ich drei Stockenten gemeinsam hoch über meinem Kopf fliegen, wahrscheinlich zogen sie zu besseren Jagdgründen.
 
Bache mit Jungen
 
Das Eis kommt
Nach und nach bildet sich überall Eis, weil einem die Kälte bereits ziemlich stark in die Nase beisst. 10 Kältegrade haben kleinere Teiche mit Eis bedeckt und sofort sind die Kinder darauf. Es ist immer noch ein wenig gefährlich, sagen Sie den Kindern, sie sollten erst einmal damit beginnen, die Rodelbahnen hinab zu rutschen. Das Meereseis bildet sich langsam, aber es gibt noch nichts Handfestes. Die Hydrometeorologische Station hat auf ihrer Homepage die Eiskarte noch nicht einmal eröffnet. Auf der Schneekarte jedoch finden wir, dass Haanja bereits 28 Zentimeter Schnee hat.
 
Wildschwein-TV hat begonnen
Für die Lehnsessel-Beobachter nur so viel: endlich wurde auf der Looduskalender.ee-Seite die Wildschwein-TV-Saison eröffnet. Sofort am allerersten Tag besuchten zwei Rotten die Futterstelle, eine 13-köpfig, die andere 8-köpfig. Wettermann Gennadi Skromnov meint, dass in der Rotte bereits ein wenig Gereiztheit zu sehen sei, die jungen Männchen werden verjagt, es ist jetzt Paarungszeit. Auch ein Reh besuchte den Futterplatz, vielleicht steigt ihre Anzahl wieder an. In diesem Jahr gibt es am Futterplatz keinen Tisch mit Futter für die Vögel, aber Looduskalender verspricht den Ausblick auf die Winterfutterstelle der Großvögel für die nahe Zukunft, es wird dort bereits gefüttert und das Bild kommt in diesem Jahr direkt aus einem Fliederbusch.
 
Sand-Reitgras im Abendlicht
 
Der Luziatag, Lutsnapäev, ist neun Tage vor Weihnachten, man sagt, es sei die längste Nacht, der Adler falle vom Baum herunter. Karja
 
Empfehlung:
So viel zur Erklärung des Luziatages, Luutsinapäev, dem 13. Dezember, hier spielt die Zeitverschiebung des alten Kalenders eine Rolle. Und wir kennen diesen Tag heute mehr von unseren westlichen Nachbarn her – den Brauch der Schweden, Prozessionen mit Kerzenkronen auf dem Kopf, das Lied der heiligen Luzia singend. Aber vielleicht ist es bereits Zeit, sich auf das Neue Jahr vorzubereiten und zum Beispiel die estnischen Geist-Quellen zu finden, aus denen in der Silvesternacht reiner Aquavit-Geist sprudeln soll. Eine von ihnen befindet sich im Turje-Keller nahe Kuusalu und die andere bei Allikkivi nahe Kilingi-Nõmme. Interessant ist, dass es Met-Quellen ebenfalls gegeben hat, aber über ihre Standorte berichtet der Volksglaube nichts mehr.
 
Estlands Quellen: Die verlorene Üheksaharu(Neunzinken)-Quelle
In der letzten 1936er Ausgabe des Loodusevaatleja (Natur-Beobachter) wurde ein Text von A. Mitt über die vier schönsten Quellen von Otepää veröffentlicht, in denen über die in diesen Quellen gemessene Radioaktivität berichtet wurde. Eine der vier untersuchten Quellen war die Üheksaharu-Quelle, die 1928 so aussah: „Die Üheksaharu-Quelle ist eine der meistbekannten der Otepää-Ilmjärve-Quellen. Sie liegt ungefähr 800 m westlich des Karu-Sees. Neun einzelne Quellen befinden sich in einem Kreis um einen schönen Hain und versorgen den Ursprung eines kleinen Baches (der große Wasserausstoß war vermutlich den ergiebigen Sommerregenfällen 1928 geschuldet). Wasser aus dieser Quelle wird von den Anwohnern der Nachbarschaft als Heilmittel gegen Rheumatismus und Augenkrankheiten eingesetzt. Zuvor lautete der Ruf dieser Quelle, sie sei viel stärker und Kupfer und Silber wurden den Wasserfeen als Gaben für das Heilwasser gebracht, wobei die Wohlhabenden das Geld in die Quelle warfen, die Ärmeren nur Metall von den Münzen kratzten.“ Ist dies die verlorene Võhandu- oder Pühajõe-Quelle?
 
Estnischer Originalartikel hier veröffentlicht am 10.12.2012
Übersetzung Liis und Leonia


 

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