Übersetzung ins Englische: Liis
Übersetzung vom Englischen ins Deutsche: Brit
Läänemaa, Dezember 2010
Wolfsforscher Ilmar Rootsi sagt, dass unsere Vorfahren das Tier des Jahres, den Wolf, das Streifenauge, als das wichtigste Tier des Waldes betrachteten.
So weit zurück die Folklore der Menschen geht - einige von ihnen sogar bis in die Urzeiten – ist nichts Feindliches gegen den Wolf zu finden. Ganz im Gegenteil. Wir erwarteten Schutz und Hilfe von ihm, unabhängig von den Verlusten die er verursachte und den Untaten, die er beging. Wir haben niemals Wölfe erhängt, wie es in Deutschland und Frankreich der Fall war. Wir haben sie niemals bei lebendigem Leib enthäutet, sie lebendig verbrannt, ihre Augen ausgestochen, wie es in Russland in der Vergangenheit getan wurde.
Die Überlieferungen über den Wolf in Estland sind reich und vielfältig, wir haben fast 500 Euphemismen für ihn (kriimsilm, hallivatimees, võsavillem, pajuvasikas etc*). Er muss von Viehherden ferngehalten werden, aber es war ihm das Recht auf Leben eingeräumt worden. Es wurde geglaubt, wenn ein Wolf ein Tier in einer Herde getötet hat, dies Fruchtbarkeit brachte; Glaube in ähnlich positiver Weise wurde nie für Füchse oder Bären beobachtet.
In der Estnischen Folklore haben Wölfe eine ganz besondere Stellung unter den Wildtieren. In Kulturen von Jägern und Fischern hatte der Wolf bei weitem nicht die Bedeutung die er bei Feldanbau und Viehzucht Kulturen hatte. So haben die Estnischen Traditionen, die von Wölfen erzählen, weitgehend in Zusammenhang mit Viehzucht soziale Diskussionen ausgelöst, da alle möglichen Mittel eingesetzt wurden, um zu versuchen die Wölfe, die eine ständige Bedrohung für die Viehherden waren, von denen fernzuhalten. Die heimischen Tiere waren der einzige Reichtum unserer Vorfahren, von denen zum großen Teil ihr Leben und ihre Existenz abhing. Dies wird auch bestätigt durch Gressels "Eesti-ma rahwa kalender ehk täht-ramat – Estnischer Folk Kalender” (Tallinn, 1838; 20 pp), im Jahre 1839 veröffentlicht in dem geschrieben steht: „ Vieh ist der Reichtum der Bauern, und so ist es nicht verwunderlich, dass er fleißig für das Vieh sorgt [---] wie er die Herde vor Schädigung schützen und ihre Fruchtbarkeit fördern kann“. Wertvolles Vieh wurde durch physikalische Maßnahmen (Beschmieren mit Teer, Paraffinöl, sogar Schießpulver) als auch mit Magie (Zauber und Zaubersprüche) beschützt. Das Recht des Wolfes auf Leben war immer anerkannt. Vertrauend auf die Magie der Kraft der Worte und auf die Überzeugung dass der Wolf leicht abgebracht werden konnte, er sozusagen davon ‚abgeredet‘ werden konnte. Ein Schäfer dreht sich mit folgenden Worten zu dem Wolf, mit einem Zauberspruch dokumentiert 1894 aus der Vigala Pfarrei:“ "Metsa sikku, metsa sokku, metsa kuldane kuningas, metsa halli harvalõuga, metsa peni pikkalõuga! Ära salva salajalta, ära näksa nägemata, ära puutu minu pulli, ära katsu minu karja! Mine sohu sobistama, mine laande luusimaie, pikki puida murdemaie, kivi külga kiskumaie!” **(Vigala Pfarrei, gesammelt von M. Aitsam, 1834).
Der Wolf war auch ein Tier des Omens, dessen Heulen, Besuch in einem Dorf oder auf einem Hof, Zusammentreffen auf einem Weg, ihn tatsächlich oder im Traum zu sehen bedeutete das Wetter, die Ernte, die Zukunft eines Menschen und seiner Herde vorauszusagen.
Der Wolf ist im Allgemeinen ein wichtiges Tier in der Estnischen Folk Tradition. Sogar das häufige Vorkommen der Worte ‚hunt‘, - ‚hundi‘, ‚susi‘ – ‚soe‘ ***im Sprachgebrauch zeugt von seiner Bedeutung im Leben der Menschen. So hat der Wolf in den Köpfen und Taten unserer Vorfahren jahrhundertelang als das perfekte Raubtier vorgeherrscht, körperlich stark, zäh und vital, ein wachsames und intelligentes Wesen. Der Mensch wiederum hat den Wolf nicht unverändert gelassen, hat ihn beeinflusst ökologisch anpassungsfähiger zu werden; das Ergebnis kann mit einem bekannten Estnischen Sprichwort ausgedrückt werden: „Der Wolf hat die Kraft eines Menschen und den Verstand von neun Menschen.“
Ilmar Rootsis Artikel wurde im Journal „Loodusesõber“ in der Oktoberausgabe (Mud Monat), No 5, 2012 veröffentlicht..
Anmerkung:
* Streifenauge, Graumantelmann, Wald Wilhelm, Weiden Kalb
*** Geißbock des Waldes, Ziege des Waldes, goldener König des Waldes, graues Knapp-Haar Kinn des Waldes, Langkiefer Hund des Waldes! Nicht bei Nacht und Nebel vergiften, nicht ungesehen beißen, rühr meinen Ochsen nicht an, berühre meine Herde nicht! Geh und watschel im Moor, schweife durch den Wald, töte entlang Bäumen, reiße an Steinen, “
***Hunt ist traditionell das Nord-Estnische Wort für Wolf. Susi hat im Süden dominiert. Hunt ist heute das gebräuchlichste.
Die Namen und Gesänge stützen sich nicht nur auf die Übersetzung der Worte im Wörterbuch, doch ihr Rhythmus, Klänge, insbesondere Alliterationen und Assoziationen. Eine Übersetzung vermittelt nur einen kleinen Teil der Kraft und Inhalt dieser Folge von Worten.