März-Anfang: Padaorg-Wetter

Verfasst von Kristel Vilbasteloodusenaine@hot.ee
Bilder Arne Ader
 
Zeit des blendend weißen Schnees
 
Die vier Wetterzeichen der Woche:
Gelbe Haselnusskätzchen,
sich sonnende Dachse,
sonnenerwärmte Eiszapfen
und Schneestürme. 
Der Schneesturm wirbelt und der Tanz der Flocken trieb Grünfinken in Scharen an mein Futterhäuschen. Der Hunger hat die kleinen Vögel verärgert, für nur einen Sonnenblumenkern erhebt sich heftiges gegenseitiges Bedrängen und Verschrecken. Aber auch die bislang friedlichen Grauröcke – Birkenzeisige mit ihren winzigen roten Baretts, zeigen einander wütende Schnäbel. In ihren Adern floss vermutlich ein guter Anteil „frühlingshafter Männlichkeit“. Von den den Vögel gegebenen Fastnachtsdienstagsküchlein blieben nur die Kruste und der Fleck Preiselbeermarmelade in der Mitte des Küchleins. Es scheint, dass die Vögel die Festtagskost der Menschen für nicht besonders schmackhaft halten. Die Elster sitzt im Nest und hin und wieder beginnt sie, diese ganze Kompanie, die einen papageienartigen Lärm macht, mit wütendem Gekecker zu verschrecken. Der Frühling bricht mit gewalttätigen Unterkunftsstreitigkeiten sowohl in der Tier- wie in der Vogelwelt aus. Mein Futterhäuschen besuchen jetzt auch Gimpel. Wahrscheinlich hat der Zug der Gimpel und auch der Schneeammern nach Norden begonnen. Die Seidenschwänze sind jedoch noch nicht aus dem Süden gekommen.
 
Wasseramseln ziehen. An Flüssen kann man jetzt auch Wasseramselgesang hören
 
Knietiefer Schnee
Diese Woche besuchte ich die Valgamaa-Quellen und meine Überraschung war groß, als ich in einem Märchenwald eintraf mit knietiefem Schnee. Tatsächlich gab es in den Wäldern von Urvaste so viel Schnee, dass nur ein sehr langbeiniger Elchbulle dorthin gelangen würde. Wir haben tatsächlich seinen Dienst in Anspruch genommen, auf Empfehlung von Taivo Niitvägi, auf der Suche nach der Põrguläte, der Höllenquelle: unser König der Wälder hatte Quelle für Quelle besucht, ein Maulvoll Rinde von einem Baumstamm knabbernd, einen Schluck warmes Wasser aus einer plätschernden Quelle nehmend. Eine Dachsfamilie war ebenfalls im Freien, um Sonne zu ergattern, der Schnee war voller sandiger Abdrücke. Und es war überraschend zu erfahren, dass die Umgebung der Quellen ziemlich frühlingshaft war, das fließende Wasser hatte den Haselsaft in Bewegung gesetzt und die Frühlings-Kätzchen waren recht weich und gelb. Ähnlich bei den Erlen. Der Schnee war dicht mit Fichtennadeln bedeckt, so dass die Frühlingsschmelze kommen dürfte. Aus Soomaa kam eine Nachricht von Aivar Ruukel, dass der Ahornsaft zu tropfen begonnen hat. Der Ahornsaft kann nur von jemandem aufgefangen werden, der stark mit der Natur verbunden ist, da in der Regel nichts auf den Ahorn-Frühling hinweist. Es ist ein Gefühl.
 
Ein Vorfrühlingsmorgen wird durch das Klopfen und Trommeln der Spechte akzentuiert. Das Foto zeigt den Mittelspecht mit einem roten Streifen und rosa Unterseite
 
Käuze vor der Kamera
Obwohl uns der Schneesturm glauben machen will,  „der Frühling komme nie“, hat der ernstliche Vogelfrühling begonnen. Mati Martinson schreibt im Tagebuch der Vogelstation Sõrve, dass vor dem Schneesturm Feldlerche, Saatkrähe und Hohltaube angekommen sein. Und dass die Schwäne sich in ernsthafter Aufbruch-Aufregung befänden, und die Schellenten versuchen, sich in die nach Norden hin offenen Wasserflächen zu drängen. Im Wald ist ein heftiges Specht-Getrommel zu hören, das nur während des Schneesturm-Gesanges erstarb. Die Waldkäuze bewachen die Nistplätze und die Kauz-Kamera von Matsalu wurde eingeschaltet. Die Naturbeobachtungen der Schulkinder in „Hallo, Frühling!“ haben begonnen. Und es wurde von den Schulkindern von Mäetaguse bereits notiert, dass ein erster Star gehört und die ersten Weidenkätzchen gesehen wurden.
 
Zurück aufs Land!
Aber traurige Dinge lernte man auch in dieser Woche, von den Menschen, die die Nuudaquellen besuchten, und das waren ziemlich viele. Dort nahe Puka, an der Straße von Tartu nach Valga, ist eine einzigartige heilige Quelle mit sehr reinem Wasser. Dennoch hatte ein Offizieller die Idee, auf einem mehrere Hektar großen Gebiet einen „Gesundheitseinschlag“ zu gestatten, direkt neben der als Kulturerbe geschützten Quelle und dem heiligen Hain, und auch das Gesetz zum Schutz der Uferbereiche ignorierend. Der Gesundheitseinschlag von heute ist natürlich ein Kahlschlag. So liegen sie dort nun, die Fchten, die den Gesang des Waldes an den Frühling sangen – Seite an Seite, wie in einem Geschwister-Grab. Und wieder einmal muss ich zugeben, dass die Menschen, die die Natur schützen sollen und hinter einem Computer sitzen, nicht mehr wissen, wo die wichtigen Orte sind. Sie verlangen verschnupft die Katastereintragsnummer und die Telefonnummer des Eigentümers von der ihnen berichtenden Person, aber ein Umweltschutz-Beauftragter dieser übergroß ausgelegten Gebiete kommt an diese Orte zum ersten Mal in seinem Leben. Wir brauchen keine vereinigten Bürokratie-Bezirke, sondern Leute, die aufs Land zurück gehen.
 
Frühlingsbote an der Traufe – Eiszapfen
 
Am Vogeltag, Tsirgupäev, dem 9. März, kehren 40 Zugvögel ihre Schnäbel Richtung Heimat.
 
Tsirgupäev, Vogeltag, oder auf Seto Sorokasveet, ist der magische Beginn der Frühlingsreise. Der Frühling überkommt die Vogelflügel und dieser Tag galt als Frühlingsbeginn. Um den Frühling und die Sonne zu locken wurden an jenem Tag für die Vögel kleine Küchlein gebacken und vor das Haus gebracht und für die Vögel auf einen Zaunpfosten gelegt, damit die Vögel zu uns zurückkehrten. Die Adlermutter sollte das erste Ei ins Nest legen. Hennen sollten wieder mit dem Eierlegen nach dem Winter beginnen. Um viele Eier zu gewährleisten, sollte eine Henne durch ein Hosenbein kriechen und sie wurde mit einem Ofenbesen geschlagen. Ein Städter solle ein vogelförmiges kleines Brot aus Sonnenblumenkernen und Fett machen, sicherlich wird die Amsel einem dafür ihre ersten Morgentriller anbieten.
Die Sonne geht am Montagmorgen um 7.09 Uhr auf und um 17.57 Uhr unter.
 
Landarzt: Goldring auf Gerstenkörner
Jemand mit Triefnase, der sich die Augen reibt, kann plötzlich ein Jucken im Auge spüren, das Auge wird ein wenig rot. In alten Zeiten wusste jedes Kind auf dem Land, dass dies ein Zeichen dafür war, dass sich ein Gerstenkorn bildete und dass es Zeit war, schnell zur Mutter zu gehen und sie nach einem goldenen Ring zu fragen. Wenn man zu Beginn der Gerstenkornentstehung das Auge mit einem Ring reibt, wird das Auge besser werden und es wird nicht notwendig sein, nach einem Augenarzt zu suchen. Ein Gerstenkorn ist eine Entzündung in einer Fettdrüse des Auges und mit einer leichten Massage wird der Eiter nicht beginnen, sich zu sammeln. Ein Goldring ist sauber genug für diese Aufgabe und glatt, aber fügt ebenso wie ein magischer Gegenstand den Glauben an die Heilung hinzu. Mit einem stark infizierten Auge jedoch sollte man natürlich gehen und einen Arzt aufsuchen.
 
Estnischer Originalartikel hier veröffentlicht am 4.3.13
Übersetzung Liis und Leonia


 

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