Text und Foto: Jüri Kamenik
Übersetzung ins Englische: Liis
Übersetzung vom Englischen ins Deutsche: Leonia
Böenkragen (Shelf cloud) mit Böenwalze (Roll cloud) in Tallinn am Morgen des 26. Juli
Welche Beobachtungen ermöglichen es dem Laien, das Wetter der nächsten Tage vorher zu sagen?
Genau genommen sind die eigenen Augen die besten Beobachtungsinstrumente; das funktioniert ganz gut, wenn man sorgfältig hinschaut, einen gewissen eigenen Erfahrungsschatz mitbringt und die Gesamtsituation zu bewerten imstande ist. Natürlich werden in der Meteorologie eine Menge Messinstrumente verwendet, wie zum Beispiel Barometer, verschiedene Thermometer, Luftfeuchtigkeits- und Niederschlagsmengenmessgeräte etc.; diese halten aber nur die Bedingungen zu einem bestimmten Zeitpunkt fest, sie bieten keine Wettervorhersage. Jedoch bilden die von den Instrumenten festgestellten Werte die Grundlage der offiziellen Prognosen..
Natürlich haben die meisten bereits Barometer gesehen, oder sogar welche zu Hause mit der Anzeige für schön, wechselhaft, bewölkt, regnerisch, stürmisch etc. Das darf man nicht allzu ernst nehmen, denn auch bei niedrigem Luftdruck kann das Wetter schön sein, ebenso wie anders herum. Aber die Veränderungen des Luftdrucks bieten uns bestimmte Informationen. Wenn er zu fallen beginnt (und vorher gestiegen war oder gleichbleibend), kann er eine Wetterverschlechterung anzeigen, die aber nicht vor den nächsten ein bis zwei Tagen eintritt. Das gilt auch für steigenden Luftdruck. Bleibt der Luftdruck gleich, wird das Wetter mehr oder weniger gleich bleiben. Falls sich der Luftdruck kurzfristig in irgendeine Richtung ändert, zeigt er eine Wetterveränderung und auffrischenden Wind an.
Zur Windmessung werden verschiedene Instrumente wie zum Beispiel das Anemometer für die Windstärke und Windsäcke für die Feststellung der Windrichtung verwendet, aber auch die Augen können zur Beurteilung ausreichen: die Kraft und Richtung des Windes kann mit verschiedenen Methoden bestimmt werden.
Welche Wetterformen können wir mittel welcher Naturbeobachtungen vorhersagen (Wolken, Wind, Pflanzen, Tiere oder ähnliches?
Die Wolken und der Wind sind die beste Grundlage für kurzfristige Vorhersagen.Es gibt nahezu täglich Wolken am Himmel, die die Prozesse, die sich in der Atmosphäre abspielen, widerspiegeln. Aber um längerfristige Vorhersagen erfolgreich an ihnen abzulesen, muss man den Himmel als Ganzes beobachten und über einen längeren Zeitraum, zum Beispiele jede halbe oder ganze Stunde. Nur eine einzelne Wolke anzuschauen oder einfach nur einen kurzen Augenblick zum Himmel zu schauen kann zu falschen Schlüssen führen, weil man auf diese Weise nicht alle Informationen erhält, die für eine eigene Wettervorhersage notwendig sind.
Es gibt so viele Charakteristika und Merkmale; wir können hier nur einige von ihnen erwähnen. Bisweilen erscheinen Stränge von Zirruswolken nahe am Horizont bei klarem Himmel. Sie sind weitgehend parallel zueinander angeordnet, können wegen der Perspektive aber am Horizont scheinbar wie ein Fächer zusammenlaufen oder sich ausbreiten oder aufgedrehte Enden haben. Diese Wolken erinnern an Skier. Man nennt sie Noahs Schiffe (uncinus, haken- bzw. kommaförmig); sie tauchen üblicherweise sehr schnell auf und binnen kurzem füllt sich der Himmel mit Cirrus- (Feder-) und Cirrostratus- (Schleier-) Wolken. Meist verschlechtert sich das Wetter innerhalb von ein paar Stunden und es wird spätestens 24 Stunden später regnen. Natürlich kann es auch geschehen, dass die Tiefdruckrinne oder der Zyklon – mit denen diese Wolken verknüpft sind – sich nicht zur vollen Wirkung entfaltet und das Wetter bewölkt, aber trocken bleibt.
Eine weitere nützliche Beobachtung ist die zunehmende Wolkenbildung. Die Entstehung und Verdichtung der Cirruswolken beginnt im Westen, kann aber manchmal auch aus Südost oder Süd kommen. Damit zusammenhängend kommt ein leichter Wind auf, der im selben Winkel oder in entgegengesetzte Richtung bläst, in der die Wolken wandern. Dies ist eines der sichersten Zeichen, dass die Wolkenbildung begonnen hat. Innerhalb von etwa einer Stunde haben sich einzelne Cirruswolken zu Schleierwolken verdichtet, häufig erscheint ein Halo-Ring um die Sonne. Die Schleierwolken verdichten sich ziemlich schnell zu einer Schichtwolke (Altostratus) und der Halo verschwindet. Die Sonne wirft keine deutlichen Schatten mehr. Später kann die Sonne völlig verschwinden und es ist vor allem in der kalten Jahreszeit möglich, dass einige leichte Niederschläge folgen. Letztendlich sind dann die Wolken so dicht, dass anhaltender Niederschlag einsetzt.
Farbe und Schattierung der Wolken bieten ebenfalls nützliche Informationen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass morgens und abends die Wolken wegen des tiefen Stands der Sonne sich von den Farben der Wolken am Mittag unterscheiden. Wenn man das nicht beachtet, können die daraus gezogenen Schlüsse schief gehen. Als kleines Körnchen Wetter-Weisheit kann man sagen, dass Wolken, die aus einer der Sonne entgegengesetzten Richtung kommen, das Wetter verschlechtern und im umgekehrten Fall es verbessern. Dies gilt für Sonnenunter- wie für Sonnenaufgang.
Am Himmel kann man viele Arten optischer Phänomene sehen. Regenbogen und Halos sind die bekanntesten von ihnen. Für die Vorhersage sind die Ringe um Sonne oder Mond am wichtigsten, häufig gleichzeitig mit farbigen Lichtflecken, teils mit einem Anhängsel, die man auf einer oder zwei Seiten von Sonne oder Mond sehen kann. Dies sind Scheinsonnen oder Parhelia. Ein kleiner Ring (22 º Halo) zeigt oft eine Wetterverschlechterung an, weil er sich auf der Höhe der Cirrostratus-Wolken bildet, und diese wiederum eine Stufe der sukzessiven Wolkenbildung sind (siehe oben).
Informationen über das bevorstehende Wetter bieten auch die Windrichtung und das Verhältnis zwischen Windrichtung und Zugrichtung der Wolken. Wenn eine seit Tagen vorherrschende Windrichtung sich ändert, dann steht ein Wetterwechsel unmittelbar bevor. Dies hängt mit dem Aufkommen eines Zyklons oder Tiefdruckgebiets zusammen. Wichtig: im Frühjahr und Sommer ist eine leichte Brise in Meeresnähe normal; das heißt, die Windrichtung kann sich von einer Minute zur anderen am Mittag oder Nachmittag um bis zu 180º ändern. Dies bringt regelmäßig keine generelle Wetteränderung mit sich, sondern die Luft ist örtlich kühler und der Himmel klarer, weil die Luft von See her kommt. Diese Brise kann sich täglich wiederholen.
Wenn die Windrichtung (ausgenommen die Brise) nicht mit der Richtung übereinstimmt, in der die Wolken ziehen, dann wird das Wetter schlecht bleiben oder es ist eine Verschlechterung zu erwarten. Wenn jedoch die Wolken sich in Windrichtung bewegen, dann wird das Wetter besser oder es bleibt schön.
Es gibt eine große Anzahl von Beobachtungen bei Pflanzen, Tieren, Gesundheit etc, aber diese sind gewöhnlich nicht generalisierbar und häufig bekunden sie verschiedene Dinge – das heißt, ihre tatsächlich Verbindung mit zukünftigem Wetter ist schwächer. Manche dieser Beobachtungen gelten nur für einen bestimmten Ort oder nur, wenn der Beobachter eine außerordentlich große Erfahrung mitbringt. Die oben genannten Beispiele sind generell für die temperierte Zone gültig, und sie zu erkennen sollte jedem gelingen können.
Welche relativ einfachen Messgeräte gibt es, die uns helfen, das Wetter vorherzusagen, und wie können wir sie nutzen?
Das Burrometer oder "Wetter-Esel" ist ein einfaches aber cleveres Messgerät. Man kann leicht Anweisungen für deren Bau auf einer Internetseite finden. Im Grund ist es ein Esel aus Holz oder Metalldraht und er sitzt auf der Spitze einer Stange. Es hat einen Schwanz aus Schnur oder einem feinen Seil. Dies ist der wichtigste Teil, den man als Informations-Anzeiger betrachten kann. Das Grundprinzip ist sehr einfach: wenn sich der Schwanz bewegt, gibt es Wind, und wenn nicht, dann gibt es keinen oder nur einen sehr schwachen; wenn der Schwanz waagerecht ist - parallel zum Boden - dann ist Sturm und wenn er aufrecht steht, dann haben wir einen Tornado; wenn der Schwanz tropft, dann regnet es; ist er gefroren, ist es sehr kalt; wirft er einen Schatten, dann scheint die Sonne, und wenn er nicht zu sehen ist, dann haben wir gefährlich dichten Nebel, oder einen Schneesturm oder Starkregen. Jedoch wird dieses Instrument nicht in meteorologischen Stationen benutzt: die offiziellen Instrumente sind etwas genauer kalibriert. Aber alle zeigen nur das Wetter zum jetzigen Zeitpunkt, nicht das, was noch geschehen wird. Messgeräte registrieren nur Signale, die es bereit gibt, die schon eingetroffen sind. Nur die Veränderungen des Luftdrucks und die Geschwindigkeit der Veränderung, die man am Barometer ablesen kann, liefern Informationen über noch bevorstehendes Wetter (siehe oben).
Wie weit im Voraus ist es nur auf Basis von Wissen und Geräten möglich, das Wetter vorherzusagen (einige Tage?)?
In der Natur bilden sich die entsprechenden Signale in nur wenigen Stunden bis hin zu einigen Tagen, bevor das jeweilige Wetter oder die Wetterart eintrifft. So zeigen Luftdruckveränderungen ebenso wie Wolken üblicherweise das Wetter 6-12 Stunden im Voraus an, d.h., die morgendlichen Wolken zeigen das Wetter des Tages und die abendlichen das der kommenden Nacht oder des nächsten Morgens. Nur in speziellen Fällen kann der Vorhersage-Zeitraum sogar länger als 24 Stunden betragen, zum Beispiel bei Fällen von Wolkenverdichtung.
Instabile oder veränderliche Wetterlagen sind ein spezieller Fall mit eigenen Regeln. Instabiles Wetter ist meist Wetter mit Schauern. In diesem Fall muss jeder für sich das Wetter beobachten, alle notwendigen Informationen über Niederschläge und bewölkte Gebiete stehen im Internet zur Verfügung; auf Radar- oder Satellitenbildern können wir zum Beispiel sehen, in welche Richtung sich Wolken und Niederschläge bewegen und können unsere eigenen Schlüsse ziehen. Das Problem besteht darin, dass bei instabilem Wetter kein Modell oder keine Prognose vorhersagen kann, wo und wann eine Schauerwolke sich bildet, weil die entsprechenden Erscheinungen in der Natur erst unmittelbar vor dem Ereignis, der Entstehung der Wolke, zu erkennen sind, und es daher nur möglich ist vorherzusagen, dass zum Beispiel innerhalb von einem oder zwei Tagen diese Witterung zu erwarten ist
Zu den Modellen kann man sagen, dass sie örtliche Besonderheiten nicht berücksichtigen, und dass deshalb das lokale Wetter erheblich von der Prognose abweichen kann. Deshalb sollte jeder die Merkmale der eigenen Umgebung kennen, und diese in Betracht ziehen, wenn man die Vorhersage sieht oder hört. Ein einfaches Beispiel ist die Brise, die einen heißen Mittag innerhalb weniger Augenblicke ziemlich abkühlen kann: ein Temperaturabfall von 10 Grad innerhalb von 1-2 Minuten ist nicht selten.
Einige Modelle sagen das Wetter für 10 oder mehr Tage voraus. Man kann 5 Tage einschätzen, aber nur eine zweitägige Prognose ernst nehmen, weil hier der Schmetterlingseffekt eintritt – geringe Veränderungen der Ausgangsannahme können zu gravierenden Unterschieden im Endergebnis führen (bei 7-10 Tagen). In offiziellen Prognosen sind keine Naturzeichen enthalten.
Man sollte auch berücksichtigen, dass widersprüchliche Anzeichen instabiles Wetter erwarten lassen, oder das eine genaue Vorhersage nicht möglich ist, weil mehrere Szenarien denkbar sind.
Was sollen wir von Bauernregeln halten wie "wenn die Schwalben tief fliegen, gibt es Regen" oder Ähnlichem?
Die Menschen hatten früher und ebenso Matrosen eine große Anzahl von Sprüchen und Beobachtungen zum Wetter. Diese lassen sich in zwei Hauptgruppen einteilen: meteorologische und nicht-meteorologische. Zur ersten Gruppe gehören Beobachtungen, die wissenschaftlich erklärbar sind und die eng mit der Atmosphäre verknüpft sind. In der zweiten Gruppe gibt es viele unterschiedliche Phänomene, die sozusagen auf der Natur basieren (Pflanzen, Tiere, Phänologie, oder bestimmte Anzeichen); sie sind üblicherweise nur gering mit dem Wetter verknüpft, aber mögen (wenn auch nicht notwendigerweise) einen Kern von Wahrheit enthalten. Zusätzlich unterscheidet man örtliche Beobachtungen in generelle (überall gültige) und lokale (normalerweise nur gültig für einen bestimmten Ort oder ein Gebiet).
Es steckt also mehr Wahrheit in meteorologischen Beobachtungen, die mit Wolken und Wind verbunden sind und man sollte sie eher berücksichtigen. Pflanzen können auch einiges offenbaren. Mit Tieren ist es sehr schwierig, weil viele Aspekte des Verhaltens unbekannt sind oder zig Jahre Beobachtungszeit der Natur benötigen, des Verhaltens der Tiere etc.. so dass, falls diese nicht vorliegen, sie nicht wirklich wert sind, ernsthaft in Betracht gezogen zu werden. Die Beobachtungen und Sprüche mögen auch dort zutreffen, wo sie ihren Ursprung haben, aber nicht anderswo, oder mögen nur für einen bestimmten Zeitraum zutreffen. Nimmt man wieder Tiere zum Beispiel, so hängt ihr Verhalten von einer unendlichen Anzahl von Faktoren ab (Wetter ist da nur eine der Variablen); im Gegensatz dazu bilden sich Wind und Wolken stets nur als Ergebnis bestimmter atmosphärischer Prozesse und Bedingungen, woraus sich ihr enger Bezug zum Wetter erklärt.