Geschrieben und illustriert von:
Tiit KändlerTiit Kändler,
teadus.ee
Übersetzung ins Englische: Liis
Vom Englischen ins Deutsche: Leonia

Es ist eine bekannte Tatsache, dass nicht nur der Mensch den Anblick des Gartens verändert hat. Blaugrüne Algen und Regenwürmer haben den Anblick des Planeten verändert. Ebenso den Anblick des Gartens. Aber verändert auch die Sprache den Anblick des Gartens? Wenn wir „Garten“ sagen, verändert sich dann etwas im Garten? Wenn der Regenwurm lautlos arbeitet, verändern sich Dinge. Es scheint dem Werkler so, dass er etwas mit dem Garten macht, wenn er darüber mit seiner Liebsten spricht. „Schaufelte Schnee, spaltete Holz und hob einen abgebrochenen Kiefernast auf“. Tatsächlich hat er etwas in seinem Kopf getan. Schnee, Scheite, Kiefernäste, der Garten sind in des Werklers Geist, im Inneren seines Kopfes, aber der Garten zieht weder heiß noch kalt um den Werkler. Ein wenig heiß, vielleicht. Heute verbrennt der Werkler Scheite in seinem Ofen. Als Folge treten nährende Gewächshaus-Kohlendioxid-Gase in den Garten aus. Der Werkler hofft jetzt aufrichtig, das den Pflanzen nun das Atmen viel leichter fällt und vielleicht ist es auch ein wenig wärmer. Wann werden diese nächtlichen Nachtfröste enden?
Wir habe eine Menge von Wörtern. Ist es eine unendliche Zahl? Welches sind ihre Teilmengen? Sprache ist eine Menge. Worte sind ihre Teilmenge. Die Sprache wird vermutlich eine unendliche Zahl sein. Welches ist ihre Größe – ist es so wie mit der Menge der natürlichen Zahlen oder der der reellen Zahlen? Wie wissen wir, dass der Sprecher einer uns „unbekannten“ Sprache überhaupt in einer Sprache spricht? Dass seine Sprache wie unsere aus einer gleichen Menge besteht, dass die Sprachen zumindest zu einem gemeinsamen Ganzen gehören.
Am meisten werden Schlangen von Stadtbewohnern gefürchtet. Gartenwerkler fürchten sie wenig, sie treffen sie gelegentlich an und wissen, dass sie nicht fliegen können, noch blitzschnell angreifen.
Wir wissen, dass Bäume nicht gehen. Aber benötigen wir eine unendliche Zahl an Bäumen, um das zu beweisen? Wir wissen, dass einige Lautkombinationen etwas bedeuten, so zum Beispiel „õu”*, aber prüfen wir eine unendliche Zahl von Lautungen, um das zu belegen? Wie wissen wir, dass einige etwas bedeuten, einige nichts bedeuten? Das das „õu” etwas bedeutet, aber das „õi” nicht? Oder aber vielleicht für ein paar andere Leute? Es gab Zeiten, als „Rasentrimmer“ oder „Breitensport“ nichts bedeuteten, nur zusammenhangloses Gebrabbel waren.
*Hof, Garten
Die Sprache der Vögel zu kennen. Die Sprache des Gartens zu kennen. Des Werklers Traum. Oder aber wenigstens die Sprache des Computers zu kennen.
Lewis Thomas (1913–1993), amerikanischer Arzt und Essayist: „Sprache ist etwas, wofür die Kindheit ist.” Mathematik ist die Sprache, die alle Wissenschaften sprechen. Ist Mathematik auch das, wofür die Kindheit ist? Oder vielleicht ist es gerade der Garten, wofür die Kindheit ist? Und für den Werkler ist der Garten eine Art verlängerte Kindheit?
Am Donnerstag findet ein wissenschaftliches Kabarett statt (29. März):