Der Maßstab und Wettermacher der Natur ist nichts anderes als ein Blatt.
Im Herbst wird die Natur vier-dimensional. Von der Wand des Waldes, die im Sommer gleichmäßig grün erschien, treten roter Ahorn, gelbe Birken hervor, sogar Kiefern bieten ein wenig braun. Und die zeitliche Dimension wird erkennbar – morgen wird der Wald, der hinter der Ebene steht, nicht mehr der gleiche sein wie heute. Steht er überhaupt, verändert er sich mit der Zeit, dies durch seine wechselnden Farben anzeigend.
Schnee wird bloß kommen, wenn die Blätter geruhen zu Boden zu fallen. Schnee fürchtet Blätter. Und wenn die Blätter vom Winter gelangweilt sind, werden sie wieder aus den Zweigen kriechen, der Schnee fürchtet sich davor und zieht sich in den Himmel zurück.
Jürgen Rooste schreibt in Maaleht über den Gartenwerkler:
Tiit Kändler’s “Õueonu aasta – Gartenwerklers Jahr” ist ein poetisches Buch. Das Wetter beobachtend im Sinne einer Beobachtung der Welt. Der Gartenwerkler hat ein Auge für Detail, er bemerkt winzige Lebewesen, Referenzen und Anspielungen und der Garten ist für ihn eine Welt für sich, ein Lebensraum, wie das Wohnzimmer der Welt.
Er verbirgt nicht, dass Karel Capeks „A gardener’s year – Eines Gärtners Jahr“ bis zu einem gewissen Grad ein Vorbild ist, aber ich erkenne hier auch die Gegenwart eines reinen Tönu Õnnepalu*-artigen Gefühles. Jenes, dass jeder Schritt, seiend, Literatur wird. Das heißt schauen, als sei alles Kunst. Köcherfliegenlarven im Schlamm, reifende Sonnenblumenkerne, mai-gesichtige Igel ...
Und natürlich kann Tiit Kändler sein wissenschaftliches Auge nicht unterdrücken, aber diese Abweichungen sind eher humorvolle Abschweifungen.
Das Buch wechselt zwischen allgemeinen bio-poetischen Beschreibungen konkreter Monate und präziser Tagebuchnotizen, die ein winziges Detail sezieren mögen, und mit Tiit Kändlers eigenen Zeichnungen, die mit den Stimmungen Schritt halten.
Õueonu aasta
Text und Illustrationen: Tiit Kändler
Layout: Eerik Kändler
Teaduslugu 2013, 80 pp
Wie die ersten früherbstlichen Birkenblätter fiel das brandneue Buch „Õueonu aasta – Gartenwerklers Jahr“ in den Garten.
„Õueonu aasta“ drückt die reine Freude am Garten aus, so wie sie einem aufgeschlossenen Gartenwerkler erscheint.
„Ach das, ich habe mich auch ein wenig lustig gemacht,“ bemerkt der Gartenwerkler und geht hinaus in den Garten.
Im Verkauf bei Apollo und Rahva Raamat
*Tõnu Õnnepalu, estnischer Dichter und Schriftsteller, geb. 1962.