Die Geschichte der Woche

Wochengeschichte (Kristel Vilbaste).

Vierte Oktoberwoche: Schneesturmland

Verfasst von Kristel Vilbasteloodusenaine@hot.ee
Fotos von Arne Ader
 
Schneesturm in Otepää
 
Der erste Schnee kommt üblicherweise nicht in dieser Form. In solchem Schwall und mit Sturmgebraus. Normalerweise schwebt er lautlos zu Boden, der bis Weihnachten sehnsüchtig auf dieses weiche Licht gewartet hat.
 
Die vier Wetterzeichen dieser Woche:
Aufregung der Schwäne,
goldene Blätter auf den Bäumen,
Sommerwärme
und frostiger erster Schnee.
 
Nun war es soweit. Es geschah ungewöhnlich früh. Nun, ja, der erste Schnee ist auch früher bereits Anfang Oktober eingetroffen, aber nicht in dieser Weise. Schnee, der vor Allerseelen herunter wirbelt zu einer dicken Schicht und sogar für einige Zeit liegen bleibt, ist außergewöhnlich. Besonders mit auf dem Rücken der Schneewehen einherziehenden Kältegraden. Und in diesem Jahr kam eine kindische Freude über die Schneelichter und das Chaos von Padaoru zusammen mit dem Gefühl des ersten Schnees. Autofahrer haben immer die Unvorhersehbarkeit des Winteranfangs und die Überraschung der Gemeinden und der Schneepflüge verflucht, aber diesmal gab es etwas mehr Verständnis. Denn gerade die Kältegrade im Gefolge des weißen Schneesturms, die mit dem ersten Graupel einsetzten, ließ die Menschen begreifen, dass die Natur immer stärker ist als alle Arten der Vorbereitung. Aber ich mochte die Entdeckung der Bauern, dass es sich empfiehlt, den schneeweißen Dünger vom Himmel in die dunkle Scholle der Erde zu pflügen. Und so werden diejenigen, die mit der Feldarbeit spät dran waren, im Frühjahr ein besonders wertvolles Saatbeet haben. Und man muss kein Geheimnis draus machen, so ein dunkler Fleck in der Mitte weißer Felder ist für einen vorbei huschenden Städter hübsch anzusehen. Als besonderen Wert bietet so ein kleines Fleckchen bloßer Erde auch Futter für verspätete Durchzügler.
 
Schnee auf einer Ulme
 
Schnee unter Schwanenflügeln
Eigentlich haben die gefiederten Zieher bereits zu Wochenbeginn bemerkt, dass in der Welt etwas geschieht. Meisen klopften eifrig gegen Fenster, überprüfte jeden winzigen Spalt. Bisweilen habe ich das Gefühl, dass sie Pläne haben, in den Raum hinein zu gelangen darin zu leben, wenn nur die Fenster geöffnet wären. Auch Goldammern begannen zu ziehen und die Schwäne verschwanden fast unbemerkt. Gänse zogen in großen Scharen , die Überraschung der Vogelzähler war groß, als wenige Tage nachdem die Hälfte der auf den Feldern futternden Gänse fort waren, der Himmel wiederum voll war mit weiteren Abfliegenden. Und wieder ist es wie ein Wunder, wie wissen sie es?
 
Wölfe auf den Fersen der Wildschweinrotte

Füchse und Marderhunde wissen ebenfalls vorab von dem Sturm, plötzlich sind alle Felder und Straßenränder voller Tiere, die sich bisher versteckten, mit gesträubtem Fell versuchen sie, alles zu fressen, was auf den Straßen oder Feldern liegt. Kein Problem mehr, wenn ein Mensch näher kommt. Rehe sind auch draußen auf den Getreidefeldern und fressen, was aus dem Schnee herausragt. Kaja Kubar berichtet, dass es interessant ist, in Pärnumaa zu beobachten, wie die Wildschweine gnadenlos alle Straßenränder und andere Stellen mit vielen Doldenpflanzen abgefuttert haben und wie der Schnee danach in den Fährten der wühlenden Schweine mit Wolfsspuren bedeckt war.

 
Spät blühende Pflanze: Acker-Ochsenzunge
 
Schnee und Blätter auf den Bäumen
Das unerwartete Eintreffen des Schnees war sehr problematisch für Pflanzen, mit den Blättern noch auf den Bäumen. Und einige goldgefärbte Zweige bogen sich unter dem Neuschnee. Schneehäubchen finden sich auch auf den Köpfen der gefrorenen Rosenblüten und ein gelber Löwenzahn schaut ängstlich aus einer Schneewehe heraus. Obwohl die späten Erdbeerblüten keine Spuren des beginnenden beißenden Frosts zeigen, sind ihre Herzen augenscheinlich schwarz. Die Bäume brachen mancherorts unter der Last des Schnees und fielen auf Stromleitungen und so manche Familie musste den Winteranfang bei Kerzenschein empfangen. 
 
Schneehaufen auf der Karte
Es ist interessant, das EMHI-Schneediagramm zu verfolgen, auf dem zwei höhere Schneesäulen sich zeigen, eine im westlichen Estland und eine in Otepää. Örtlich wurden Schneehöhen von 22 cm gemessen. Der offizielle Kälterekord lag in diesem Jahr bei 11 Grad Kälte, aber die Leute erzählten sogar von 16 Kältegraden am Samstag Abend. Jedenfalls wird dieser erste Schnee in diesem Jahr etwas länger halten und über dieser Aufregung haben wir nicht bemerkt, wie die schreckliche Sonntags-Uhrumstellungs-Zeremonie unbemerkt ein deprimierendes Siegel auf unsere biologische Uhr drückt. Seien Sie in dieser Woche freundlich zu verwirrten und müden Kindern.
 

Vögel untersuchen alle möglichen Spalten auf der Suche nach Nahrung. Grauspecht
 
Am Donnerstag der Seelenzeit werden alle Seelen an einen gemeinsamen Tisch gebeten: “Kleine Seelen, kommt nach Hause!” und werden später höflich fortgeschickt.
 
Empfehlung:
Die Slow-Food- oder Regional-Nahrungs-Bewegung gewinnt in ganz Europa an Akzeptanz. Es wird empfohlen, dass die Menschen um ihrer Gesundheit willen Lebensmittel verzehren, die gut, rein und fair gehandelt sind. Gut sowohl für die Geschmacksknospen und für das regionale Bauerntum. Rein, weil sie erzeugt und vertrieben werden mit Rücksicht auf die Gesundheit von Tieren und Menschen.  Fair, weil sie erzeugt und verkauft werden unter Wahrung sozialer Gerechtigkeit und Transparenz. Die Lebensmittel unserer ländlichen Großmütter waren genau so, besuchen Sie Ihre Großmutter und essen Sie mit ihr an der Allerseelen-Feiertafel, was alle unsere Vorfahren gegessen haben.
 
Estlands Quellen: Mustallikas (Schwarze Quelle)
Die Schwarze Quelle liegt in Raplamaa, in Paeküla, und es ist die größte der Üüste-Quellen. Die Quelle liegt etwa 200 Meter Richtung Westen vom Posti-Hof oder dem Post-Wirtshaus entfernt und ist leicht erreichbar. Das Wasser aus der Quelle fließt über den Kasari-Fluss in den Pühajõe-Strom. Die Quelle ist 20 Meter lang, 7-8 Meter breit. Die maximale Tiefe beträgt 1,5 Meter. In der Nähe befinden sich auch 4-5 kleinere Quellen. Mit der Quelle sind viele Geschichten verknüpft; mit viel Glück ist es möglich, einen Topf voll Gold dort herauszuziehen, aber die Ernte der Respektlosen ist nur der Kopf eines schwarzen Stieres. Das Wasser der Mustallika hat ebenfalls eine die Augen heilende Wirkung, Augen wurden seit Jahrhunderten mit diesem Wasser behandelt.

Estnischer Originalartikel hier veröffentlicht am 29.10.2012


 

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