Text: Margit Mõttus
Fotos: Arne Ader und Fred Jüssi
Übersetzung ins Englische: Liis
Übersetzung vom Englischen ins Deutsche: Brit
An einem sonnigen Oktobermorgen machten wir uns auf in Richtung Madisemägi. Während wir durch das gefallene Laub im Wald wanderten, nahmen wir uns Zeit, Fotos zu machen. Und einfach zu bewundern. Zum Beispiel wie der Wind die goldenen Kronen der hohen Espen kräuselt. In den Büschen in dem Sumpfwald riefen Meisen und Rotkehlchen, zweimal fliegt ein Raufußhuhn oder ein Auerhahn vor unseren Füßen auf.

Espen im Alam-Pedja Sumpfwald
Nachdem wir den Pedja Fluss über die schwankende Hängebrücke überquert hatten, waren wir endlich da. Der erste Eindruck von Madisemägi ist irgendwie ein Schock – mitten in weiten Mooren und Wäldern gibt es wirklich einen Hügel! Oder ein Hügelchen. Aber trocken und fest. Trotz der vorherrschenden Stille ist es hier voll Leben, wie die Tierpfade beweisen, die hier enden, nachdem sie das Heufeld auf dem Hügel überquert haben. Pfade mit frischen Spuren führen zu dem Apfelbaum, an der Grenze zwischen den Feldern und dem Sumpf. Es scheint im Moment der beliebteste Fleck an dem Ort zu sein. Der Boden unter dem Baum ist gleichmäßig zertreten und die Ernte sorgfältig gepflückt.
Madisemägi ist ein flaches Hügelchen, ungefähr 10 m hoch am östlichen Rand des Umusi Sumpfes. Geologen glauben, dass es ein Kallus ist, der von einem Gletscherfluss angehäuft wurde. Bei archäologischen Ausgrabungen wurden 6000 Jahre alte Feuersteinsplitter gefunden die darauf hinweisen, dass dieser Ort zu einer Zeit bewohnt war, als Madisemägi eine Insel im alten Võrtsjärv war. Später, schon als Moorinsel, wurde der Hügel in Kriegszeiten als Unterschlupf genützt. In früheren Zeiten soll zwischen Pikknurme und Madisemägi ein Steg gewesen sein.

Der steile Hang am östlichen Rand von Madisemägi unterstützt die Theorie, dass eine alte Bergfestung dort gewesen sein könnte. Heutiges Wissen bestätigt die natürliche Herkunft von Madisemägi: das Hügelchen wurde vor allem durch den Gletscherfluss geformt, der gegen Ende der Eiszeit floss.
Als Denkmal vergangener Zeiten stehen an der südöstlichen Grenze des Hügels die Fundamentreste der ehemaligen Madise Farm; an der Spitze des Hügels ein Metallturm und am südlichen Ende des Hügels ein kleines Holzhaus.
Der Ermittler der Ortsgeschichte, Ell Maanso, schreibt über das Leben auf dem früheren Madise Bauernhof:”Auf dem Madise Bauernhof waren die Haupt-Aktivitäten der Anbau von Mais und Kartoffeln. In manchen Jahren haben heftige Winde alles niedergedrückt, dann gab es überhaupt keine Ernte. 15 Tiere wurden über den Winter gehalten, 10 von ihnen waren Milchkühe. Es gab keine Milchtransporte, Butter wurde zuhause gemacht. Sie wurde auf dem Tartu Markt verkauft. Butter aus der Sommerzeit wurde im Herbst und Winter verkauft. Ein Butterkeller wurde tief im Hang angelegt.“

Keller aus örtlichen Steinen auf dem ehemaligen Madise Bauernhof
1951 wurden alle Gebäude des Madise Bauernhofes und des Dorfes Utsali zerstört. Ein Übungsgelände für die Sowjetischen Kampfflugzeuge wurde hier errichtet. Drei Türme wurden in dem Gebiet errichtet, einer von ihnen am Madisemägi. Von den Türmen wurde der präzise Fall der Bomben überwacht.
Zutritt zu dem ganzen Bereich blieb bis Anfang der 90-iger Jahre gesperrt; häufige Pilz- und Beerenpflücker oder einfach Naturliebhaber hatten hier nicht zu suchen.

Der Turm am Madisemägi wurde während der Sowjetzeit errichtet. Höhe ungefähr 40 Meter.
Wir machen eine längere Pause am Turm. Nur nachdenken und sich erinnern. Unter anderem zu entscheiden, ob man den Turm besteigen soll oder nicht. Auf einem Schild am Anfang der Turmstufensteht nüchtern, dass das Erklettern des Turmes auf eigene Gefahr geschieht.

Aussicht vom Madisemägi Turm im Herbst 1992. Foto Fred Jüssi
Am 04. Oktober 1992 schreibt Fred Jüssi in seinem Reisetagebuch:” Ein wunderschönes Wetter, farbenprächtige Wälder. Kein Regen während des ganzen Tages. Die Farben der Landschaft sind noch kräftiger geworden, einfach umwerfend. In Pedja und den Wäldern leuchten die Espen von zitronengelb bis weinrot, besonders erstaunlich denke ich, sind die Farben gegen das Licht, wo sie fast zu leuchten scheinen.“
Die frühere Sauna an der Forststation aus der Vorkriegszeit von Präsident Päts war später eine Unterkunft für Soldaten und ein Lebensraum für sogenannte Puurman Voitka Flüchtlinge. Jetzt ist die Tür für Wanderer geöffnet.
Die Türen der Sauna, durch die Zeit erodiert, am Fuß des Hügels sind großzügig geöffnet. Wir treten ein und entdecken ein Gästebuch auf dem Tisch, Seite für Seite gefüllt mit begeisterten Einträgen.
Auch wir schreiben unsere Gedanken in das Buch, mit dem Wunsch, wiederzukommen. Der Eintrag von Vaido, der hier einige Zeit verbrachte, lässt einen lächeln:“hatte zwei Wochen lang keine Ruhe, hier nun wieder“.
Looduskalender’s Alam-Pedja Geschichten werden unterstützt von Keskkonnainvesteeringute Keskus, Umweltinvestitionszentrum.